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Kapital total liberal

Zur "Ausländerpolitik" des Senats

"Qualifizierte Zuwanderung ist nicht nur für den Wirtschaftsstandort notwendig,
auch für die Lebensqualität wäre es notwendig."


(Wirtschaftssenator Gunnar Uldall,CDU, im Abendblatt vom 20. September)

Der Senat der Stadt wünscht sich mehr "qualifizierte Ausländer". Freilich nicht als "Ausländer" qualifizierte "Ausländer", sondern als IT-Spezialisten, Physiker und Manager. Finanzsenator Peiner will verstärkt "junge" Inder, Chinesen und Osteuropäer nach Hamburg holen, meldete am 20. September das Hamburger Abendblatt. Mit Ausbildungs- und Studienplätzen, Programmen für ausländische Studienbewerber, erleichterten Einreisebedingungen, erleichterten Aufenthaltsbedingungen. Bei hoher Arbeitslosigkeit - gerade unter jungen Einwanderinnen und Einwanderern - sollen 'Gastarbeiter' mit akademischen Weihen den Arbeitskräftebedarf der Hamburger Wirtschaft erfüllen. Im Senatsleitbild "Wachsende Stadt" plante der Senat dafür die "Schaffung von Auslandsagenturen der Arbeitsverwaltung (wie in den 60er Jahren) zur Rekrutierung von Fachkräften", gleichzeitig soll (und wird) die "Zahl der Rückführungen [= Abschiebungen, Anm. hz] erhöht" werden. Nur die Fassade der Stadt soll weltoffen und hanseatisch-liberal sein.

Dabei wird dieses Berufshanseatentum der CDU-Schill- und FDP-Koalitionäre den rassistischen Beigeschmack seiner rechtskonservativen oder neoliberalen Politik nie los: "Der Inder"? Am Computer geboren. "Der Chinese"? Still, höflich, anspruchslos und leistungsbereit. "Der Osteuropäer"? Brückenkopf dafür, dass sich deutsches Kapital das kaufen kann, an dessen militärischer Unterwerfung seine Kriegsherren scheiterten? Das ist gut für den Profit!

Und Afghanen, Afrikaner und Bosnier, in ihrer Mehrzahl Kriegs- und Hungerflüchtlinge, sind demnach was? Abgeschoben. Hunger, Armut, Unterentwicklung, Ausbeutung und Krieg sind das Problem dieses Senates nicht.

Warum auch? Mit der gezielten Abwerbung höherqualifizierter Menschen aus Entwicklungsregionen als "Human-Ressource" für den Wirtschaftsstandort Hamburg wird genau diese Verelendung und Brutalisierung weltweit verschärft. Blühende Wachstumsmetropolen sollen neben elenden Regionen stehen - nicht jede Region brauche Hochqualifizierte. Die Anschauung des Elends soll auch die Anpassungsbereitschaft in- und ausländischer "high potentials" fördern. Die angeworbene Fachkräfte drücken gleichzeitig das Lohnniveau und erhöhen die
Konkurrenz. Ist damit ausreichend Druck gemacht, will man sie aber auch wieder vor die Tür
setzen können, mittels befristeter Aufenthalts-
berechtigung.

Diese Form der Liberalisierung der "Ausländerpolitik" hat nur den einen Zweck: Die Konkurrenz zwischen Standorten, aber auch zwischen den Erwerbstätigen noch weiter zu verschärfen. Sie offenbart die volle Dimension der brutalen Zurichtungsorientierung des Senats. Die Hochschulen sollen dafür als Anwerber von Wissenschaftlern und Studierenden als Motor dienen. Frieden, sozialer Forschritt
und Demokratisierung sind dadurch nicht zu
befördern. Sie erfordern wissenschaftliche Kooperation und demokratische Verfügung, internationale Verständigung und Solidarität. Dafür muss dieser Senat aus dem Amt gejagt werden. Das wäre gut für die Lebensqualität.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Mittwoch, den 24. September 2003, http://www.harte--zeiten.de/artikel_25.html