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Der Rechtsaußeneinsammler

oder: der CDU-Minister vor den Rechtsextremen

,,Ohne Disziplin funktioniert unser Gemeinwesen nicht. Ohne den Willen zur Leistung können wir den wirtschaftlichen Erfolg gleich vergessen. Anstrengung und Leistung können auch Freude bereiten und Spaß machen - nicht nur im Sportbereich. [...] So war es in Berlin vor hundert Jahren, als es so richtig brummte: AEG, Schering, Borsig, Siemens & Halske, um nur einige zu nennen. Da war Aufbruch! Da war Dynamik! Wir haben den Takt des Fortschritts in der Welt vorgegeben. Wir waren Spitze.“
Jörg Schönbohm, Innenminister des Landes Brandenburg, ,,Freiheit wagen - Werte leben.“ anläßlich der Verleihung des Mittelstandspreises der Bundesvereinigung mittelständischer Unternehmer, 09.10.2003

,,Ja, Diederich fühlte wohl, daß [...] die Behandlung, die geläufigen Ausdrücke, die ganze militärische Tätigkeit vor allem darauf hinzielte, die persönliche Würde auf ein Mindestmaß herabzusetzen. Und das imponierte ihm; es gab ihm, so elend er sich befand, [...] eine tiefe Achtung ein und etwas wie selbstmörderische Begeisterung.“
Heinrich Mann, ,,Der Untertan“

Das ,,Brummen“ der großen Konzerne steigerte sich alsbald schon im Donnergrollen der Granaten und Gewehre auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges. Die ,,Spitze“ waren die zwei von deutschem Boden ausgehenden Weltkriege mit über 100 Millionen Toten. Das war ,,der Takt des Fortschritts“, den das deutsche Großkapital und die reaktionären Eliten der Welt aufzwangen, um die Einflußsphären, Absatzgebiete und Märkte in der Welt neu aufzuteilen.

Ein patriotisches ,,Wir“ wie das des Bundeswehrgenerals a.D. J. Schönbohm stand noch vor jedem Krieg, mit dem die Herren Krupp und Co. ihre dreckigen Profite machten. Der gesteigerten sozialen Ungleichheit redet der brandenburgische CDU-Minister das Wort und beschwört dafür in der rechtsextremen Jungen Freiheit die ,,Schicksalsgemeinschaft“, die das ,,deutsche Volk“ bilde. Die Geschichte sei Schicksal und als solches zu ertragen. Zum subjektiven Wohlbefinden rät er deshalb, sich zu bescheiden: ,,Anstrengung und Leistung können auch Freude bereiten und Spaß machen“. 40, 50, 60 Stunden die Woche, gern auch mehr. Die Börse jubelt. Geht's um den ,,wirtschaftlichen Erfolg“ am ,,Standort Deutschland“, kennt der Erfinder der ,,deutschen Leitkultur“ weder Arm und Reich, noch Oben und Unten, nur den ,,Willen zur Leistung“, also ,,Disziplin“. Die Äußerungen liegen ganz auf der Linie des marktradikalen Kurses von Sozialstaatszerschlagung und Demokratieabbau, den die CDU - in Hamburg mit der ,,Wachsenden Stadt“ - verfolgt.

Der Rechtsaußeneinsammler der CDU hält am 22. April - zwei Tage nach ,,Führers Geburtstag“ - die Ansprache vor dem ,,Festkommers des Hamburger Waffenrings“. Die schlagenden Hamburger Verbindungen feiern mit der nicht minder revanchistischen ,,Preußischen Allgemeinen Zeitung/Ostpreußenblatt“ ,,750 Jahre Stadt Königsberg“. Zu den Veranstaltern zählen neben der neofaschistischen Burschenschaft Germania Hamburg auch die Verbindungen, bei denen der Spitzenkandidat des RCDS für das Studierendenparlament und einige seiner Mitstreiter untergekommen sind. Der Versammlungsort, die Mozartsäle, liegt nur wenige Meter von der Moorweide entfernt, auf der ab 1941 in aller Öffentlichkeit Hamburgs Juden zusammengetrieben und von dort in die Vernichtungslager deportiert wurden.

Die Helden der Verbindungsszene befürworten das sozialdarwinistische Jeder gegen Jeden, sie wähnen sich stark, weil sie meinen, im Einklang mit der Konkurrenz zu sein, weil sie 'gelernt' haben, jede Demütigung zu lieben, ob in martialischen Fechtritualen oder in regelmäßigen Saufgelagen. Die Disziplinierung dient dem Erhalt eines zugespitzt krisenhaften Profitsystems, in dem die politische Entmündigung, soziale Entwürdigung und kulturelle Verrohung der Mehrzahl die Entfaltung aller behindern.

Die engagierte Gegnerschaft zu faschistischer und militaristischer Politik und Praxis ist auch 60 Jahre nach der Befreiung notwendig. Demilitarisierung, Denazifizierung, Demonopolisierung und Demokratisierung, wie sie im Potsdamer Abkommen 1945 verabredet wurden, harren größtenteils ihrer Umsetzung. Die Konkurrenz der Marktgesellschaft bringt Hunger, Krieg und Armut, aber keinen gesellschaftlichen Fortschritt mehr; sie ist zur größten Fessel der Menschheit geworden. Für Demokratie, soziale Gleichheit, sinnvolle Arbeit, emanzipatorische Bildung, humanistische Gesundheit und aufklärerische Kultur bedarf es der Kooperation aller. Kooperation und Gleichheit sind die Siebenmeilenstiefel der Menschheitsgeschichte. Solidarisch schreitet der Mensch aufrecht.

Gegenkundgebung

Freitag, den 22. April 2005, 19 Uhr,
Platz der Jüdischen Deportierten (nb. ESA-W)

V.i.S.d.P.: Olaf Walther & Golnar Sepehrnia, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg
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Veröffentlicht am Montag, den 4. April 2005, http://www.harte--zeiten.de/artikel_233.html