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Des Kapitalisten Wunschzettel

"Der unbeirrbare Stumpfsinn, mit dem diese Kapitalisten ihre törichte Geldpolitik fortsetzen, immer weiter, immer weiter, bis zur Ausblutung ihrer Werke und ihrer Kunden, ist bewundernswert. Alles, was sie seit etwas zwanzig Jahren treiben, ist von zwei fixen und absurden Ideen beherrscht: Druck auf die Arbeiter und Export."
(Kurt Tucholsky: Die Herren Wirtschaftsführer, 1931)

Während der Einzelhandel sich im weihnachtlichen Glühweinrausch über kurzfristig steigende Umsätze freut, verkündet der Vorturner der Industrieverbände, BDI-Chef Michael Rogowski, seine Wünsche fürs kommende Jahr: "weniger Staat", mehr Gewinne für die Unternehmen und erfolgreiche "Hartz V bis VIII" uns allen. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) legt dabei kräftig nach, und fordert, daß allenfalls eine Aufwandsentschädigung von 50 Cent je Stunde für gemeinnützige Tätigkeiten zu zahlen.

Schöne Aussichten für Erwerbslose, die wenn sie einen 1-Euro-Job ablehnen, ohnehin mit massiven Kürzungen staatlicher Transferleistungen rechnen müssen. Es wird gedrückt, wo es nur geht, und wo der grundgesetzliche Anspruch auf freie Berufswahl schon mal über Bord ist, soll auch keine Frage nach der Qualität und Sinnhaftigkeit der Tätigkeit gestellt werden. Arbeitsschutz, Tarifvereinbarungen, regelhafte Maßnahmen zur Weiterbildung und gezielte Vermittlung in reguläre Arbeitsverhältnisse sind nicht gewünscht. Durch Massenentlassungen im privatwirtschaftlichen, sowie durch restriktive Haushaltspolitik im öffentlichen Bereich vernichtete reguläre Arbeitsverhältnisse werden durch ungeschützte Billig-Arbeitsgelegenheiten ersetzt. Mit der Schaffung neuer regulärer Arbeitsplätze ist nicht zu rechnen: die Ein-Euro-Jobber sollen dafür genutzt werden, ihre Aussichten auf einen Arbeitsplatz selbst zu verschlechtern.

Bei gestiegener Produktivität, hoher Erwerbslosigkeit und sinkender Kaufkraft soll der gesellschaftliche Irrsinn unternommen werden, durch generelle Erhöhung der Arbeitszeiten und faktische Lohnkürzungen den Profit zu erhöhen. Die alltägliche Hetze auf Arbeiter und Gewerkschaften, wie auch Kommerzialisierung, Privatisierung und Entdemokratisierung sollen den Rogowskis, Krupps und Albrechts dieser Welt den Kapitalismus retten. Kapitalvertreter wie Rogowski hoffen auf die Dankbarkeit und Mitwirkung der Arbeitenden und auf das schlechte Gedächtnis der gesellschaftlichen Gegenkräfte - historische Erfahrungen bisheriger Kämpfe sollen vergessen werden. Verzicht und Quälerei für den "Standort" läge im Interesse aller - dies verdient die schärfste Bekämpfung.

Der Kampf um die Humanisierung der Arbeitsbedingungen gehört zu den klassischen Stärken der Arbeiterbewegungen: Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich ist eine aktuell angemessene Forderung. Die Folgen wären die ebenfalls bekannten: mehr Erwerbsplätze, weitere Produktivitätssteigerungen, Nachfrage, Investitionen und Muße als Möglichkeit kultureller und politischer Entfaltung. 30 Stunden sind genug.
Jeden Ortes muß es um eine Umkehr der Politik der brachialen Ökonomisierung gehen. Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums von oben nach unten für Vollbeschäftigung, soziale Sicherheit, kostenlose Bildung und Kultur müssen engagiert und solidarisch erstritten werden. Sozialer Fortschritt erfordert sozialistische Politik. Wenn der Sozialstaatskompromiß das nicht überlebt, dann weil die Bereicherung einer gesellschaftlichen Minderheit beendet wird. Mit dieser Perspektive sind erhöhte Ansprüche durchzusetzen.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Dienstag, den 21. Dezember 2004, http://www.harte--zeiten.de/artikel_206.html