Menü | Home › Publikationen › harte zeiten › Flugblatt von harte zeiten vom
Menschenfeind des Jahres:
"Wir hörten Sprüche wie diese:
Immer ruhig! Wartet doch nur!
Nach einer größeren Krise
kommt eine größere Konjunktur!
Und ich sagte meinen Kollegen:
So spricht der Klassenfeind!
Wenn der von guter Zeit spricht,
ist seine Zeit gemeint.
Der Regen kann nicht nach aufwärts,
weil er's plötzlich gut mit uns meint."
(Aus: Bertolt Brecht: Das Lied vom Klassenfeind, 1926)
Für alles hat die "Initiative Soziale Marktwirtschaft" eine Lösung parat - ob Gesundheit, Rente, Bildung oder Arbeitsmarkt - einfach und leicht verständlich wird beworben, was des Landes Rettung sein soll: "Mehr Markt, weniger Staat". Dafür stellt der Arbeitgeberverband Gesamtmetall einen Etat von 100 Millionen Euro zur Verfügung, eine Werbeagentur stellt die rund 40 Mitarbeiter. Die wesentliche Arbeit als "Kuratoren" und "Botschafter" der Initiative machen neoliberalen Einpeitscher wie Hans Tietmeyer, Arnulf Baring, Peter Glotz, Lothar Späth und der Hamburger Wirtschaftssenator Gunnar Uldall.
Mit Auszeichnungen wie "Reformer des Jahres", bzw. "Blockierer des Jahres", Pressekampagnen wie unlängst die antihumanistische Anzeige "Unser teuerster Exportartikel - Akademikerhirn" und gezielten Medienbeiträgen durch Talkshowauftritte, den Verkauf von selbstproduzierten Sendungen und Zeitungsartikeln wird das Spitzenthema "Reformen" propagiert. Geglaubt werden soll: der Sozialstaat sei nicht mehr zeitgemäß, soziale Systeme nicht mehr finanzierbar, Steuern und Abgaben zu hoch, Bürokratie überflüssig, Gewerkschaften Besitzstandswahrer. Der Regen fließt aufwärts.
Getrieben werden Initiativen wie die "Neue Soziale Marktwirtschaft", "BürgerKonvent", "Deutschland packt's an" und andere davon, daß sozialstaatliche Grundsätze und Prinzipien weiterhin hohen Zuspruch erfahren, daß Umfragen ergeben, daß kein Ausdruck so negativ bewertet wird wie "Eigenverantwortung im Gesundheitsbereich" und daß 42 % der Deutschen (1999) einen "dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus" für richtig erachten. Harte Zeiten für Standortprediger.
Vergessen gemacht werden soll daher die Einsicht, daß wirtschaftliche Prosperität nicht von allein Allen zu Gute kommt: Die sinkenden Einnahmen der Sozialversicherungen stehen im krassen Widerspruch zum wachsenden Reichtum, der erwirtschaftet wird. Der technische Fortschritt hat eine enorme Produktivität ermöglicht. Dies kann Grundlage für eine demokratische Erweiterung des Sozialstaats und die Erhöhung der Lebensstandards sein: Bildung für Alle, mehr Demokratie, höheres Einkommen, Zeit zur produktiven Muße, soziale Sicherheit und eine steigende Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen. Die Ansprüche nach gesellschaftlicher Emanzipation, sozialer Demokratie und solidarischer Gestaltung des Alltags werden so gesteigert und eine Kultur der Solidarität, Humanität und Freundlichkeit zwischen den Menschen wird zum bestimmenden Verhältnis der Menschen zueinander. Diese objektiven Interessen negiert zu sehen, damit sich die Mehrheit "freiwillig" zu Werkzeug einer profitgeilen Minderheit degradiert, ist das Ziel der neoliberalen Initiativen und "Think Tanks".
Die volle soziale Gleichheit und Solidarität ist für alle befreiend. Das konsequente Engagement dafür stimmt optimistisch.