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Das Ende des Kompromißmus

"Wodurch überwindet die Bourgeoisie die Krisen? Einerseits durch die erzwungene Vernichtung einer Masse von Produktivkräften; andererseits durch die Eroberung neuer Märkte und die gründlichere Ausbeutung alter Märkte. Wodurch also? Dadurch, daß sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen
vorzubeugen, vermindert."

Karl Marx und Friedrich Engels, Manifest der Kommunistischen Partei

"Jetzt muss der begonnene Reformprozess entschlossen fortgesetzt werden. Auch heikle Themen wie eine Verlängerung der Arbeitszeit und eine Lockerung des Kündigungsschutzes dürfen nicht ausgespart werden. Die Politik darf jetzt nicht vor den Reformgegnern einknicken."
Michael Rogowski, Präsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie am 21. Juli 2004, anlässlich der Veröffentlichung des BDI-Konjunktur-Reports

Blühende Landschaften versprach Helmut Kohl 1990 den Ostdeutschen unter dem Beifall der ehemaligen Montagsdemonstranten. Die darauf folgende Abwicklung der DDR-Wirtschaft verschaffte westdeutschen Konzernen Anfang der 1990er Jahre saftige Extraprofite. Die schwarz-gelbe Regierung unterstützte diesen Ausverkauf, wo immer sie konnte. Als die zerstörerischen gesellschaftlichen Folgen dieser Politik - nicht nur im Osten - deutlich wurden, sollte Rot-Grün 1998 unter dem harmlosen Motto "Inovation und Gerechtigkeit" neoliberale Standortpolitik und soziale Sicherheit miteinander versöhnen. Doch was nicht zusammengehört kann auch nicht zusammenwachsen. Heute verspricht Wolfgang Clement den Opfern von Hartz IV 60.000 Mini-Jobs bei denen sie sich einen Euro je Stunde zu ihren Almosen dazuverdienen können - zum Beispiel in der Landschaftspflege.

Angesichts von Überproduktion und zusammenbrechender Binnennachfrage können kurzfristige Profite der Unternehmen - abgesehen von einer immer aggressiveren, auch militärisch abgesicherten Exportpolitik - nur noch durch Lohnkürzungen, Arbeitszeitverlängerung, Subventionen und Zwangsarbeit gesteigert werden. Um zu erzwingen, daß potentielle Arbeitskräfte sich auch zu jedem, noch so niedrigen Preis verkaufen, wird von den Apologeten und Praktikern des Neoliberalismus der soziale Druck auf jeden einzelnen immer weiter erhöht und die kollektive Interessenvertretung der Arbeitenden - Gewerkschaften und fortschrittliche Parteien, was potentiell auch die Mitgliederpartei SPD sein könnte - bekämpft. Die Konsequenz: noch geringere Massenkaufkraft, weitere, schwerere Krisen.

Wenn nicht gesellschaftliche Barbarisierung und ein erstarken reaktionärer, menschenverachtender Kräfte die Folge sein sollen, dann muß es um eine Umkehr der Tendenz seit dem Zerfall der sozialistischen Staaten gehen. Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums von oben nach unten für Vollbeschäftigung, soziale Sicherheit, kostenlose Bildung und Kultur für alle und umfassende Demokratisierung aller Lebensbereiche bis zur vollständigen Überwindung der privaten Verfügung über die Mittel von Produktion und Reproduktion müssen engagiert und solidarisch erstritten werden. Sozialer Fortschritt erfordert sozialistische Politik. Dabei mag auch ein Blick in das weiterhin gültige SPD-Grundsatzprogramm nützlich sein:

"Die bürgerlichen Revolutionen der Neuzeit haben Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit mehr beschworen als verwirklicht. Deshalb hat die Arbeiterbewegung die Ideale dieser Revolutionen eingeklagt: Eine solidarische Gesellschaft mit gleicher Freiheit für alle Menschen. Es ist ihre historische Grunderfahrung, daß Reparaturen am Kapitalismus nicht genügen. Eine neue Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft ist nötig."
Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Berlin 1989 / Leipzig 1998

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Freitag, den 13. August 2004, http://www.harte--zeiten.de/artikel_188.html