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Weltgel(d)tung
Alle Leute haben eine Nähmaschine, ein Radio, einen Eisschrank und ein Telefon.
Was machen wir nun? fragte der Fabrikbesitzer.
Bomben, sagte der Erfinder.
Krieg, sagte der General.
Wenn es denn gar nicht anders geht, sagte der Fabrikbesitzer.
Wolfgang Borchert, Lesebuchgeschichten
Die weltweiten Rüstungsausgaben schnellten im Jahr des Irak-Krieges um 11 % auf 958 Milliarden $ in die Höhe. Das entspricht 2,7 % des globalen Bruttosozialproduktes und erreicht damit beinahe den Rekordwert aus den Hochzeiten des Kalten Krieges. Der Löwenanteil davon entfällt auf die USA (44 %). Nachdem die Ausgaben für Militär seit 1987 immer weiter zurück gegangen waren, beschloß die Bush-Regierung ab 2001 enorme Mehrausgaben und löste damit ein neues weltweites Wettrüsten aus.
Mit den 417 Milliarden $, die der US-Senat kürzlich wiederum als Kriegsetat für das kommende Jahr beschlossen hat (das ist etwa doppelt so viel, wie der gesamte deutsche Bundeshaushalt), finanzieren die USA eine ungeheure, weltweit einsatzfähinge Kriegsmaschinerie. Mit Langstreckenbomben und Raketen können sie wie zu Zeiten des Kalten Krieges jeden Punkt der Erde in Schutt und Asche legen, die US-Armee hat zahlreiche Stützpunkte auf allen bewohnten Kontinenten und kann binnen Kurzem mit Tausenden von Soldaten jedes Land in ein Kriegsgebiet verwandeln. Im Gegensatz zu den Zeiten des Kalten Krieges, kann dem niemand mehr militärisch etwas entgegensetzen. Ausschließlich die Friedensbewegung und die kritische Öffentlichkeit setzen den Eroberungsfeldzügen, die ein George W. Bush im Dienste des Profits weltweit agierender Konzerne führt, eine Grenze.
Die US-amerikanische Aufrüstungspolitik zwingt auch andere Staaten, sich an der Rüstungsspirale zu beteiligen. Wenn Länder wie Syrien, Jordanien oder Jemen große Teile ihrer ohnehin kärglichen Volkswirtschaften in Rüstung stecken, um in dem Falle, dass auch sie ins engere Visier der US-Kriegspolitik geraten, ihnen zumindest mit größeren Verlusten drohen zu können, so hat das verheerende Auswirkungen für die ohnehin schlechte soziale Lage in diesen Staaten. Und auch Europa beeilt sich bei diesem absurden Wettlauf mithecheln zu wollen. So beinhaltet die jüngst beschlossene EU-Verfassung die - weltweit einmalige - Verpflichtung für alle Mitgliedsstaaten, ihre Kriegskräfte kontinuierlich aufzurüsten.
Zwar sind die deutschen Rüstungsausgaben in den letzten Jahren nur recht wenig gestiegen, aber dass soll sich dringend ändern, zumindest nach dem Willen der Rüstungsindustrie. So erklärte die Vorstandsvorsitzenden der drei größten europäischen Rüstungskonzerne kurz nach der Europawahl in einer in allen großen deutschen und europäischen Tageszeitungen veröffentlichten Anzeige, dass leider "Europas Verteidigungshaushalte heute nur bescheidene militärische Fähigkeiten erlauben" würden. Da die europäische Rüstungsindustrie "unter ganz erheblichem Wettbewerbsdruck aus den USA" stehen würde, müssten jetzt "auf nationaler Ebene die Verteidigungsbudgets den sicherheitspolitischen Realitäten angepaßt", sprich: erhöht, werden. In Hamburg tun sich vor allem Vertreter von ThyssenKrupp hervor. Der Konzern will im Herbst die Werften Blohm und Voss in Hamburg, HDW in Kiel und die Nordseewerke aus Emden zum weltweiten Marktführer in Sachen U-Boot- und Korvettenbau zusammenführen. Natürlich verbunden mit der Drohung: Wenn die Bundesregierung nicht für eine gute Auslastung sorgt, dann gibt es Entlassungen.
Anstatt sich diesseits wie jenseits des Atlantik von Kriegsprofiteuren in Aufrüstung und Gemetzel treiben zu lassen, sind Abrüstung und Konversion, das heißt die Umstellung auf zivile Produktion und die Nutzung der vorhandenen Qualifikationen für weltweite Entmilitarisierungsanstrengungen durchzusetzen. So können die gewaltigen Ressourcen, die sonst für diese Destruktivkräfte verschwendet werden, für gesellschaftlichen Fortschritt genutzt werden. Ein solches durchbrechen der Aufrüstungsspirale ermöglicht dann auch andernorts auf soziale Entwicklung, Entspannung und Verständigung zusetzen, anstatt sich mit Waffengewalt gegen imperialistische Bedrohungen schützen zu wollen. Der solidarische Kampf für die Entfaltung aller Menschen muss dem Frieden weltweit Geltung verschaffen.