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Frieden und Arbeit
"Der Krieg wird nicht unnötig
Wenn er nicht geführt wird
Sondern nur, wenn er unnötig ist
Braucht er nicht geführt zu werden."
(Bertolt Brecht, Richtigstellung)
Im Irak ist weiter Krieg: täglich mehr Tote, mehr Verletzte, mehr Anschläge und ein immer rücksichtsloseres Vorgehen der Besatzungssoldaten. Für den Profit der Wenigen ist der Preis der Vielen sehr hoch. Die US-Konzerne haben sich Öl-Gewinne und einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihrer europäischen Konkurrenz herbeibomben lassen, denn es gibt dort viel zu holen: "Der Irak wird in den kommenden Jahren ein Wachstumsmarkt sein, wie ihn der Nahe Osten noch nicht erlebt hat", frohlockte die Frankfurter Allgemeine Zeitung schon gleich zu Beginn der Okkupation.
Die deutschen Unternehmen sind enttäuscht. Von Anfang an kritisierten die Lobbyisten der deutschen Wirtschaft die Entscheidung der Bundesregierung, gegen die US-Regierung zu opponieren und sich nicht am Irakkrieg zu beteiligen. "Wir müssen bei der Sicherheit und weltweiten Wachstumsfragen zusammenarbeiten", erklärte BDI-Präsident Rogowski, als er im Februar bei einem Treffen mit US-Kongressabgeordneten dafür warb, Unternehmen am Wiederaufbau der zerbombten irakischen Infrastruktur zu beteiligen. Siemens zum Beispiel hätte nur all zu gerne den Zuschlag für die Errichtung eines neuen Handynetzes, und die Bauindustrie steht angesichts der Krise im eigenen Land dringend bereit zum Sprung in den Nahen Osten.
Die aktuellen Kriege zur neo-kolonialen Neuaufteilung der Welt sind die zwangsläufige, militarisierte Fortsetzung entfesselter globaler Konkurrenz der Wirtschaftsstandorte: Nachdem die Bevölkerung der industrialisierten Zentren durch die neoliberale Politik der letzten zwanzig Jahre, durch Arbeitsintensivierung, Sozialabbau und Lohndumping ausgepreßt wurde, so dass die Menschen immer weniger Geld in der Tasche haben, bröckelt hier die Nachfrage und die Wachstumsraten sind mickrig bis nicht vorhanden. Die Löhne sinken, damit die Profite weiter steigen. Die müssen zu guten Teilen gewinnbringend investiert werden und zwar dort, wo es Nachfrage und hohe Wachstumsraten gibt. Auf Grundlage von Extra-Profiten ziehen Konzerne, zieht das Kapital marodierend durch die Welt. Durch einen ruinösen Wettbewerb auf dem Weltmarkt zwingt man die Unternehmen der Schwellenländer in die Knie und kauft sie auf; durch IWF, Weltbank und WTO soll die uneingeschränkte Profitorientierung weltweit gesellschaftlich durchgesetzt werden. Privatisierungs- und "liberalisierungs"-unwillige Staaten haben mit 'Demokratisierungshilfen' durch US-Armee und NATO zu rechnen. Neue Wachstumsmärkte werden weltweit gesucht, gefunden und "erschlossen". Boom.
Deshalb ist sozialer Fortschritt friedenschaffend: Jeder Cent, der den Konzernen durch Steuern, Sozialversicherungen und Tarifkommissionen abgenommen wird, die Nachfrage hier steigert und die Aktivitäten des Kapitals hier bindet, ist ein Beitrag zum Frieden. Soziale Absicherung, Lohnsteigerungen, Arbeitszeitverkürzung und staatlich finanzierte Bildung und Kultur wirken weltweit zivilisierend und drängen Konkurrenz und Wettbewerb zurück. Der solidarische Kampf der Friedensbewegung, der Gewerkschaften, sozialer Bewegungen und fortschrittlicher Parteien für sozialen Fortschritt ist ein Stück praktischer Aufklärung über das gemeinsame Interesse an Frieden, sozialer Gleichheit und umfassender menschlicher Entfaltung. Und die Überwindung der ökonomischen und politischen Macht des Kapitals ist die Voraussetzung dafür, den Krieg unnötig zu machen.