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Kein Grund zur Gewöhnung!

Der Rechtssenat muss weg - in allen seinen Teilen

Die Todesstrafe hat sich mit Verfahrenstricks verhindern lassen – als Forderung der Schill-Partei in ihrem neuen Parteiprogramm. Aber lebenslängliche Haft soll künftig Knast bis zum Tode heißen, kleinere Straftaten seien mit Zwangsdiensten zu bewehren, Bewährung soll es nur noch bei Erststraftaten geben; man sei zwar eine „multikulturelle Gesellschaft“, jedoch müsse Islamunterricht verboten werden und Einbürgerungen dürften erst nach 15 Jahren vorgenommen werden. Man will weiter „Schill“-Partei heißen. Der rechte Mob übt sich in innerparteilicher Demokratie – bis es den Führern zu bunt wird, den Programmentwurf auch in seinen undiskutierten Teilen vom Parteikonvent pauschal zum Programm erklären lässt und die letztendlichen programmatischen Entscheidungen in eine „Programmkommission“ vertagt. Führung, Hetze und Repression sind die erholsame Schlammpackung des kleinen Mannes ‚rechtstaatlicher‘ Provenienz.

Nicht dass es eines erneuten Beweises bedurfte, aber festgehalten sei es dennoch: Schill und seine Partei stehen weit rechts, abseits bürgerlich-demokratischer Grundauffassungen. Wesentliche demokratische, ja nur hanseatisch-tolerante Grundsätze werden durch programmatisierten Tabubruch in Frage gestellt. Die Koalitionäre CDU und FDP setzen im Schatten des Haudraufs brachial merkantilen Verwertungsdruck in Kultur, Bildung, Sozialem, Gesundheit und Stadtentwicklung durch und bedienen sich der Hetze Schills, um bei der dafür notwendigen Zerstörung demokratischer und sozialer Konkurrenzregulierungen geradezu liberal-humanitär zu wirken. So ist das Fazit des Senatssprechers nach dem Schill-Parteitag auch: „Das Verhältnis [in der Koalition] war und ist in Takt.“ Wie gut, denken sich Konservative und Liberale, wenn hinter diesem Getöse, die Auswirkungen der eigenen Politik in der Kritik der (parlamentarischen wie außerparlamentarischen) Opposition verschwinden.

Deshalb sei daran erinnert: Der Marktradikalismus des gesamten Rechtssenats bedroht die Lebensbedingungen der Hamburgerinnen und Hamburger (und nicht nur dieser). Die Arbeitslosenzahl ist von 68.986 (2001) auf 87.151 (2003) gestiegen, ein Anstieg um 13% (der schon erbärmliche Bundesdurchschnitt liegt bei 7%); Sozialhilfeempfänger werden aus der Stadt nach Schleswig-Holstein und Niedersachen in großer Zahl abgedrängt, ihre Versorgung ist dort für die Kommunen ein echtes Problem; der Senat bedroht Werftenbetriebsräte mit dem Abbau staatlicher Subventionen, wenn sie ihre Gehaltsforderungen nicht senken; nie war die Hamburg Abschiebungs- und Ausgrenzungspolitik gegenüber Ausländern so rigeros und menschenverachtend; die Lehr- und Lernbedingungen an Schulen und Hochschulen verschlechtern sich stetig; Kultureinrichtungen orientieren sich an den inhaltlichen und vor allem ökonomischen Forderungen des Senats oder müssen mit Subventionskürzungen rechnen; die Privatisierung von Wohnraum, Krankenhäusern und Wasserversorgung und die Kürzungen bei wesentlichen öffentlich geförderten Leistungen (z.B. durch Studentenwerk, Bücherhallen, HVV) sind – teils schon realisierte – Vorhaben, die die Lebensqualität der Gesamtbevölkerung massiv verschlechtern. Gleichzeitig werden Abermillionen in Investitionsprogramme von Wissenschaft bis Stadtplanung, von Kultur bis Straßenbau gesteckt, die allein den in Hamburg siedelnden Unternehmen (nicht den Beschäftigten) zu Gute kommen. Arbeitsplätze, Nachfrage, positive
Konjunkturentwicklung, gefüllte öffentliche Haushalte gibt’s davon nicht. Erstrecht keine sozial und kulturell befriedigenden Lebensbedingungen für die Mehrheit der Menschen.

Diese Politik finden CDU und FDP auch ohne Schill & CO richtig. Die Menschenverachtung kann eben auch „hanseatischer“ daher kommen. Dieser Senat muss deshalb weg – in allen seinen Teilen! An die entwickelten Proteste der vergangenen zwei Jahre an Hochschulen, Schulen, in Kultur- und Sozialbereich kann dabei angeknüpft werden. Die Verfasste Studierendenschaft muss alle Möglichkeiten nutzen, die Proteste inhaltlich zu fundieren und die Aktivitäten zu fördern und zusammenzuführen. Demokratische und soziale Entwicklung erfordert Wachsamkeit und Engagement aller. Jetzt und auch bei einem fortschrittlicheren Senat.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Dienstag, den 4. November 2003, http://www.harte--zeiten.de/artikel_18.html