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„World Winning City“

oder die Notwendigkeit der Ent-Täuschung

„Die entscheidenden Dimensionen einer wachsenden und attraktiven Stadt sind Wertschöpfung, Bevölkerung und Lebensqualität. Dabei spielen Wissenschaft und Kultur eine herausragende Rolle.
[...] Im internationalen Maßstab soll Hamburg eine unverwechselbare Marke werden und internationale Unternehmen ebenso wie kreative Menschen und Touristen anziehen.
[...] Die traditionelle Weltoffenheit der Hamburger Bürgerinnen und Bürger und die globalen Verbindungen der Hamburger Unternehmen bilden eine sehr gute Ausgangsposition für Hamburg, sich im globalen Wettbewerb ganz vorn zu positionieren. Wir wollen daher, das Hamburg zu den World Winning Cities der Zukunft gehört“

Aus dem Regierungsprogramm 2004-2008 des neugewählten CDU-Senats.

Walt Disney hätte seine Freude gehabt: Malerische Fassaden und Landstriche, moderne Prunkbauten, immer-junge, höfliche Familien aller Nationen, sorgenfreie Geschäftigkeit, liebliche Klänge sowie Spaß und Sport für jedermann; über Michel und Alster erhebt sich Ole, Freiherr und Regent.
Der neue Hamburger Senat beschreibt mit einiger Blumigkeit im Regierungsprogramm „Hamburg im Aufwind - die Zukunft der Wachsenden Stadt gestalten“ wie Hamburg zu weltweitem Glanz und zu wirtschaftlicher Dominanz verholfen werden möge. Allen solle es gut gehen; den Unternehmen, den Migranten, den Familien, dem Staatshaushalt, den öffentlichen Einrichtungen, den Alten, den Jungen, einfach Allen. Auch Kritiker der letzten zweieinhalb Regierungsjahre müssen und sollen integriert werden. Mit einer großen, entpolitisierenden Umarmung versucht die Union widerstreitende Interessen, die Dimension der gesellschaftlichen Probleme und die Notwendigkeit ihrer Bekämpfung zu vertuschen. Stichwort: „Dachmarke Hamburg“.

Trotz aller Täuschungen bleibt der Plan erkennbar: Auf Grundlage des Senatskonzeptes „Leitbild: Metropole Hamburg - Wachsende Stadt“ (Erstauflage 2002) soll die Stadt systematisch durchökonomisiert werden. Das Ziel: Hamburg als Agentur für hochqualifiziertes „Humankapital“ und Ort bester Infrastruktur für Unternehmen. „Wertschöpfung“ meint hier nicht das Schaffen von Werten, sondern Profit. Öffentliche Gelder sollen auf allen erdenklichen Wegen der privaten Wirtschaft nützen (Subventionen, Infrastruktur, Ausbildung, Forschung, Kultur, Standortmarketing), öffentliche Aufgaben seien zu privatisieren (Gesundheit, Bildung, Wohnen). Wer nicht verwertungskonform ist, wird bekämpft (Zwangsbeschäftigung Arbeitsloser, Kürzung der Sozialleistungen, Abschiebung von Flüchtlingen, Vertreibung von Süchtigen). Erst wirtschaftliches Wachstum schaffe Arbeitsplätze ist die legitimierende Endlosschleife; als ob die Profite in den letzten 20 Jahren nicht dauernd gestiegen seien.

„World Winning City“? Gibt es auch die Loosing City?

Die internationale Konkurrenz der Konzerne, der Kampf um die höchsten Profite vernichtet weltweit abermillionen Arbeitsplätze, drückt die Löhne, gebiert Armut, verseucht Umwelt, gipfelt in Kriegen. Wer Glück hat und Ellenbogen, schafft es in eine World Winning City; mit Kampf kann er sich da vielleicht halten. Keep smiling. Illusionen machen nicht glücklich und nicht satt.

Wem es um den Profit geht, dem schmutzt der Mensch. Für Alle bedeutet die Dominanz des Profitinteresses Isolierung, soziale Verunsicherung, Sinnleere, kulturelle Verarmung, meist auch materielles Elend.

Dagegen ist Zivilisierung und kulturvolle Bestimmung der menschlichen Verhältnisse als Inhalt und Ziel des solidarischen Engagements der fortschrittlichen Kräfte zu praktizieren und zu entwickeln. Dafür sind die Seifenblasen von Beust & Co zum Platzen zu bringen. Die Not muß gewendet werden!

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Samstag, den 20. März 2004, http://www.harte--zeiten.de/artikel_176.html