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Semesterticket "gerettet"
Das Semesterticket besteht weiter. Auf seiner Sitzung am 7. Januar beschloß das Studierendenparlament eine Beitragsordnung, auf deren Grundlage der Vertrag mit dem Hamburger Verkehrsverbund (HVV) bis zum Ende des Wintersemesters 1999/2000 weiterläuft. Vielleicht gelingt es nun endlich, die unglaublich hysterische Debatte um dieses Thema zu versachlichen:
Nachdem die völlig konzeptlosen Verhandlungen des geschäftsführenden AStA-Vorstandes gescheitert waren, blieb kaum noch eine andere Möglichkeit, als die Preiserhöhung vorläufig hinzunehmen, sofern man nicht riskieren wollte, daß es im nächsten Wintersemester kein Ticket gibt. Damit hat sich aber erneut gezeigt, das der bestehende Vertrag dem HVV schlicht die Möglichkeit gibt, den Studierenden seine Preisvorstellungen zu diktieren, was seit der Ticketeinführung 1994 jährlich zu einer Anhebung des schon von Anfang an weit überhöhten Preises geführt hat.
Als das Konzept eines Semestertickets für die Hamburger Universitäten im AStA 1992/93 vor allem von der juso hochschulgruppe entwickelt wurde, ging es darum, den Studierenden auf sowohl sozial als auch ökologisch verträgliche Weise Mobilität zu ermöglichen. Der Vertrag, den die Grüne Hochschulgruppe ein Jahr später mit dem HVV abschloß, ließ jegliche soziale Komponente vermissen. Wirkliche Verbesserungen in dieser Richtung wird man allerdings auch nur in Verhandlungen mit den politisch Verantwortlichen, zum Beispiel der Baubehörde erreichen können. Hier gilt es den SPD-Bausenator Eugen Wagner zu überzeugen, der die staatlichen Zuschüssen für den Nahverkehr zuletzt immer weiter zurückgenommen hat. Auch von den Grünen ist dabei kaum Unterstützung zu erwarten. Wissenschaftssenatorin Krista Sager meint: natürlich sei der hohe Preis gerechtfertigt, die Studierenden wollten doch das Ticket.
Leider läßt die Art und Weise, wie die zahlreichen "Semesterticket-Retter"-Listen dieses Thema zum Wahlkampfschlager gemacht haben, nicht erwarten daß von dieser Seite her wirkliche Lösungsvorschläge kommen könnten. Wer meint, beim nächsten mal dürfe es um das Semesterticket nicht wieder eine "Zitterpartie" geben, der hat nicht verstanden, wie man in solchen Verhandlungen durchsetzungsfähig wird. Statt dessen müssen jetzt neue Konzepte entwickelt werden, mit denen man in grundlegende Verhandlungen mit dem Senat und dem HVV treten kann
Semesterticket reformieren
Mobilität wird bisher vor allem als Individualverkehr verwirklicht. Das ist ökologisch zerstörerisch und durch die Notwendigkeit ein Auto zu besitzen sozial selektiv. Diese beiden Seiten des Problems können nicht getrennt betrachtet werden, denn wenn ein zu teurer öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) nur sozial bessergestellten Gruppen ökologisches Verhalten ermöglicht, so ist das eben durchaus nicht ökologisch. Deshalb muß das Semesterticket ein Schritt auf dem Weg zu einem umfassenden Ausbau des ÖPNV sein.
Das war es bisher aber durchaus nicht. Wer teure Monatskarten durch ein teures, aber obligatorisches Semesterticket ersetzt, und dann den Fortschritt darin sieht, daß Studierende zu vermeintlich ökologischem Verhalten gezwungen werden, der verkennt, daß Menschen sich nicht ökologisch zerstörerisch verhalten, weil sie so böse oder so dumm sind, sondern weil diese Tendenz durch gesellschaftliche Verhältnisse forciert wird. Zudem hat das hamburger Ticket, das teuerste der Republik, als Argument für Preiserhöhungen in anderen Regionen herhalten müssen.
Und schließlich wird die sozial selektive Funktion von Mobilität hier nur auf eine andere Ebene gehoben, denn jeweils zu Semesterbeginn annähernd DM300,- an die Uni überweisen zu müssen, ist für all die Studierenden, die sich ihr Studium selbst finanzieren eben eine erhebliche weitere Belastung.
Für ein soziales Semesterticket!
Viele der Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wurden, sind nur schwer wieder zu korrigieren. Denn nachdem von grüner Seite immer wieder deutlich gemacht wurde, man wolle das Semesterticket um jeden (und zu jedem) Preis erhalten, ist die Verhandlungsposition der Studierenden stark geschwächt. Deshalb ist der wichtigste Teil einer sozialen Reform des Semestertickets - eine deutliche Verbilligung - sicherlich auch der schwierigste. Möglich wird das überhaupt nur sein, wenn man mit dem HVV einen ganz neuen Vertrag aushandelt, der auch den beinahe schon automatischen jährlichen Preiserhöhungen ein Ende setzt. Um das vorzubereiten und nochmals auch unter breiter Beteiligung der Studierenden zu diskutieren, hat das Studierendenparlament auf seiner letzten Sitzung die Wahl einer studentischen Verhandlungskommission beschlossen (daran hatten bemerkenswerter Weise die verschiedenen "Semesterticket-Retter"-Listen gar kein Interesse).
Weiterhin ist klar, daß der HVV nicht einfach macht, was er will, sondern seine Wirtschaftlichkeitsvorgaben von politischer Seite her bekommt. Deshalb müssen mit dem hamburger Senat Verhandlungen geführt werden über die Subventionierung des Tickets, wie sie sonst fast überall üblich und notwendig ist.
Und schließlich muß es endlich zur Einführung eines Sozialfonds kommen, der auch denjenigen Studierenden, die sich das Semesterticket nicht leisten können, seine Nutzung ermöglicht.
Das Semesterticket im Bündnis weiterentwickeln!
Darüber hinaus muß das Semesterticket, wenn es tatsächlich ein Schritt zur umfassenden Ausweitung des ÖPNV sein soll, gemeinsam mit anderen Gruppen weiterentwickelt werden. Ein Ansatzpunkt hierfür ist, auch Schülerkarten in die Verhandlungen mit einzubeziehen, und das Ticket so zu einem allgemeinen Ausbildungsticket zu machen.
Zum anderen gilt es, sich in die Diskussion um die Einführung eines Sozialtickets einzubringen. Dieses bisher für Sozialhilfeempfänger geplante Ticket ist zwar auch noch viel zu teuer und enthält einige diskriminierende Einschränkungen, aber die Debatte hierum ist noch nicht beendet, und möglicherweise kann man es zu einem allgemeinen Ticket für Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose, SchülerInnen, Studierende und so weiter ausweiten.
Für all das braucht es aber ein SP und einen AStA, die die sozialen Belange der Studierenden ernst nehmen und sie in den gesellschaftlichen Zusammenhang stellen.
Für ein soziales Semesterticket: juso hochschulgruppe und fachschaftsaktive!
– Semesterticket verbilligen
– Sozialfonds einführen
– ÖPNV ausbauen