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Genügsamkeit ist keine Zier

Kritische Praxis hat Bedeutung

„Die Basis kann auch in Zukunft keine Führung ersetzen. Aber jeder muss sich zugehörig fühlen. Dieses Vermächtnis Angela Merkels zum Tag der Deutschen Einheit sollten alle beherzigen.“

Nikolas Busse, „Migration besser steuern“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 18. 9.2021, S. 1 (Leitkommentar).

„Gewiss weinen manche der Kanzlerin schon Tränen nach, obwohl sie noch gar nicht abgetreten ist. Dabei ist die ökonomische Bilanz ihrer Politik der vergangenen 16 Jahre verheerend. Sie besteht zu einem großen Teil aus liegengelassenen Chancen: Nicht nur wurden die falschen Wirtschaftszweige gefördert, sondern zugleich der Sparsamkeitsfetisch gepflegt. Das Ergebnis: eine marode Infrastruktur, ein entkoppeltes Prekariat, eine bedrohte Mittelschicht und verfilzte Strukturen, die kaum auflösbar scheinen.“

Florian Heymann, „Kanzlerin der Pkws“, „der Freitag“, 30.9.2021, S. 18.

„Es gibt Sätze, die deswegen so berühmt sind, weil sie kurz, knorrig, knarzig und falsch sind. Dazu gehört der Satz: ›Opposition ist Mist!‹ Er stammt von Franz Müntefering; der knorrige und knarzige Sozialdemokrat hat den Satz den begeisterten Delegierten zugerufen, als er 2004 auf einem Sonderparteitag in Berlin zum Nachfolger von Gerhard Schröder als SPD-Chef gewählt wurde. (…) Eine starke Opposition ist in einer Demokratie nicht ein Mist, sondern ein Muss. Demokratische Verantwortung manifestiert sich nicht nur in der Regierung, sondern auch in der Opposition. Ohne gute Opposition funktioniert die Demokratie nicht. Ein Parlament ohne kraftvolle Opposition ist kein Parlament, sondern eine Verlautbarungsanstalt der Regierung. Eine kraftvolle, demokratisch erfahrene Oppositionspartei ist daher lebenswichtig für ein Land. (…)
Gute Opposition ist nicht einfach nur eine Frage der Größe einer Oppositionsfraktion; gute Opposition ist auch eine Frage der Haltung und des Geistes. Wer in der Opposition jeden Tag damit beginnt, das Lied von Mist und Schwäche zu intonieren, der darf sich nicht wundern, wenn sich diese Schwäche institutionalisiert.“

Heribert Prantl, „Laschet und der Mist: Warum die Union in die Opposition muss“, „Süddeutsche Zeitung“, 3.10.2021.

„Er [Schiller] konnte es mit dem Worte so grob treiben wie in dem Distichon von der ›Würde des Menschen‹:

Nichts mehr davon, ich bitt´ euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen;
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst.

Das ist ja sozialistischer Materialismus, Gott behüte! Es ist jedenfalls alles andere als Schönrednerei, die der Gewohnheitsirrtum ihm nachsagt.“

Thomas Mann, „Versuch über Schiller“; Festrede in gekürzter Form gehalten am 8. Mai 1955 zur Schiller-Feier im Württembergischen Staatstheater zu Stuttgart und am 14. Mai 1955 im Deutschen Nationaltheater zu Weimar.

Ginge es gar gänzlich frei nach der FDP, würden die Steuern (vorrangig bei hohen Einkommen und Gewinnen) gesenkt, die staatlichen Ausgaben für technische Innovationen bzw. Subventionen erhöht und keine Kredite von der öffentlichen Hand aufgenommen. So ist der Teufelskreis der „freien Marktwirtschaft“ gezeichnet. Das kommt als frisch, jung und modern daher. (Manche JungwählerInnen könnten sich wundern.) Die Bürgerrechte gibt’s als Gimmick dazu. Der Standort Deutschland soll im internationalen Wettbewerb ordentlich brummen – frisch und munter, versteht sich.

In ihrer gegenwärtigen Verfaßtheit haben Grüne und auch die SPD dem wenig Substantielles entgegenzusetzen. Die soziale Ambition ist dort zur Zeit etwas blaß.

Darüber hinaus ist die Friedensfrage weder richtig gestellt, noch gar nur annähernd seriös beantwortet: Werden die Auslandseinsätze der Bundeswehr beendet, die Rüstungsexporte (mindestens) stark reguliert, die „atomare Teilhabe“ in Frage gestellt, wird abgerüstet statt aufgerüstet? Wird die Industrieproduktion zivil und ökologisch – bei sozialer Sorgfalt – gestaltet? Bedarf das Asylrecht (Grundgesetz) der vollen Wiederherstellung? Wird die öffentliche Infrastruktur (Straßen, Wege, Gebäude, Einrichtungen) bedarfsgerecht saniert? Bekommen Kunst, Kultur und Wissenschaft die erforderliche politische und finanzielle Wertschätzung?

Kommt das gesamte Gesundheitssystem zurück in die öffentliche Hand und wird – zu Gunsten von MitarbeiterInnen und PatientInnen – entkommerzialisiert? Wird der soziale Wohnungsbau gestärkt (auch: keine Befristung der Sozialbindung!)? Werden armutsfeste Renten geschaffen? Hat die Diplomatie Vorrang vor militärischer Gewalt und Vorurteilen? Entwickelt die zukünftige Regierungskoalition einen gesteigerten Sinn für das Allgemeinwohl? Ist „die“ Demokratie mehr als eine Inszenierung?

Diese und mehr zu klärende Fragen und Aufgaben sind keine frommen Wünsche einer verlängerten Vorweihnachtszeit, sondern dringende Anliegen im Großen und Kleinen, die zur Lösung drängender Probleme bzw. zur (Neu-) Schaffung menschenwürdiger Lebensbedingungen geistig, politisch und sehr praktisch wahr- zunehmen sind.

Zur tatsächlichen Realisierung dieser vernünftigen Zwecke bedarf es der parlamentarischen und – nicht zuletzt – der außerparlamentarischen Opposition, die kritisch und gleichwohl positiv orientiert ist.

Die gemeinsame Aneignung von Wissen, Möglichkeiten und Alternativen ist dafür erforderlich. Die Hochschulen sind ein Ort dieser erweiterten Sinngebung. Der Mensch kann nach seinen Bedürfnissen gestalten. Die AfD soll verblassen.

V.i.S.d.P.: Olaf Walther, Golnar Sepehrnia, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: Liste LINKS - Offene AusländerInnenliste . Linke Liste . andere Aktive,
harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg,
SDS* Hochschulgruppe Uni Hamburg.
Veröffentlicht am Donnerstag, den 7. Oktober 2021, http://www.harte--zeiten.de/artikel_1558.html