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Der Mensch als kulturelles Wesen
„Wenn es gut geht, wirft sich der Unternehmer in die Brust; sein Verdienst beruht auf seinem Ver-dienst, und weil er das Risiko getragen hat, will er auch den Hauptteil des Gewinns für sich. Wenns schief geht, sind die Umstände daran schuld. Dann muß der Staat einspringen und das Defizit decken, denn Kohlengruben, Stahlwerke und die Landwirtschaft dürfen nicht Not leiden. Und sie leiden auch keine Not, weil sie notleidend sind.
Auf alle Fälle aber kann der Unternehmer nichts dafür, er trägt die Verantwortung, wir tragen ihn.“
Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1931.
„Was können Sie (…) Ihren kulturpolitischen Kolleginnen und Kollegen raten?
Kaup-Hasler: Permanentes Argumentieren aufgrund einer genauen Analyse hilft enorm. Insistieren. Nicht aus einer Defensivposition heraus verteidigen. Unser Kampf gilt ja der Abfederung zukünftiger Kosten. Es geht um einen gesellschaftlichen Mehrwert. Wir verlieren etwas, wenn die sozialen Räume, die Kunst schafft, weniger werden. Gerade auf dem Feld der Kultur müssen wir unbequeme Fragen stellen. Wieso akzeptieren wir eine Steuergesetzgebung, die genügend Schlupflöcher und Spielräume für Megakonzerne als Profiteure zulässt? Der Gesellschaft werden so Gelder vorenthalten, die sie dringend für zentrale Aufgaben braucht wie Bildung und Kultur.
Brosda: Und es hilft, wenn eine Stadtgesellschaft sich an frühere Fehler erinnert, die man ja nicht wiederholen muss. Nach der Wirtschafts- und Finanzkrise hat man in Hamburg versucht, Museen zu schließen, Theater zusammenzulegen. An der heftigen Reaktion der Bevölkerung auf diese Wurschtigkeit hat man gesehen, wie tief diese Institutionen in der Stadtgesellschaft verankert sind. Diesen Lerneffekt gilt es im Gedächtnis zu behalten. (…) Wir haben zum Beispiel eine Diskussion darüber, ob nicht der Schutz von Kultur ins Grundgesetz muss. (…) In dem Moment, in dem das Kaufhaus aufmacht, sollte auch das Museum wieder aufmachen. Und allerspätestens von dem Moment an, in dem die Kneipe offen ist, haben Kino und Theater auf zu sein, wenn nicht früher. Dieser Punkt ist, glaube ich, politisch auch langsam verstanden worden.“
„Wie retten wir die Künste durch die Corona-Krise?“ Die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler und der Ham-burger Kultursenator Carsten Brosda im Gespräch mit „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“), 29.1.2021.
So sei einleitend gesagt: Für die Hochschulen, die Wissenschaften - „Der Forschung Der Lehre Der Bildung“ - gelte dasselbe wie für Kunst und Kultur: Sie sind gesellschaftliche Lebensmittel, von allgemeiner und individueller Bedeutung – elementar für ein förderliches und angenehm gestaltendes Mensch-Sein.
Grundlage für diese – künstlerischen, wissenschaftlichen, politischen und persönlichen – Reflexionen, Aussichten sowie entsprechende Handlungsweisen ist die gesellschaftliche Arbeit.
– Am besten sinnvoll, kooperativ, angemessen bezahlt, durch mitbestimmte Teilhabe gestaltet und tariflich abgesichert. Das gelte nicht nur für Industrie und Handel, sondern auch für den Gesundheitsbereich sowie für den Bereich von Kunst und Kultur daselbst.
Die gesellschaftliche Krise ist nicht nur eine Pandemie-Krise. (Dies machen auch speziell die schleppenden Impfungen, das über-lastete Gesundheitssystem und der mangelhafte Schutz der besonders gefährdeten Gruppen deutlich.)
Die Krise besteht ebenso in einer gewachsenen (internationalen) sozialen Ungleichheit, in Kriegen und Aufrüstung, der Umwelt- und Klimaschädigung, schmerzlichem Ernährungsmangel, schlechter (globaler) medizinischer Versorgung sowie defensiver Aufklärung und in relativ starken reaktionären Kräften, die das allgemeine Elend noch verschärfen wollen.
Dagegen helfen wesentlich allseitige Bemühungen – allerdings im Wachsen begriffen –
für gewaltfreie internationale Beziehungen, soziale Gerechtigkeit auf allen Ebenen, für ein reproduktionsfähiges Verhältnis zur Natur, Aufklärung statt Mystik, Kooperation statt Konkurrenz, Solidarität statt Unterordnung und in diesem Sinne eine Entfaltung vernünftiger und sinnvoller gemeinsamer Ansprüche. Im Home-Office können diese menschlichen Bedürfnisse nur schwerlich gelingen. Wissenschaft, Kunst und Politik mögen für die heilende Gestaltung der menschlichen Lebensverhältnisse eine Einheit bilden. Eine andere (soziale) Lebensweise ist möglich. Sie erweitert den Horizont. Auch dahinter geht’s weiter.