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Aufklärung gegen die Barbarei.
„Selbstverwaltung des Volkes oder Demokratie hat sich erwiesen als eine Sicherung gegen Kriegspolitik. Und keine einzige Kriegsregierung hat ihre verhängnisvolle Arbeit tun können, bevor diese Verantwortung des Volkes von ihr beseitigt war. [...] Demokratie also ist eine Friedenssicherung. Aber da Demokratie Selbstverwaltung und Selbstverantwortung heißt, so bedeutet sie, daß jeder Mensch in ihr auch imstande sein muß, verantwortlich zu handeln auf Grund von Erkenntnis und freiem Entschluß. [..] Er muß auch imstande sein, sich über alle wichtigen Tatsachen zu orientieren, sie zu beurteilen und seine Entschlüsse zu fassen in Ruhe und Freiheit, ohne Furcht und Existenzsorgen.“
Anna Siemsen: „Frau und Sozialismus“, 1948.
Die Reformpädagogin Anna Siemsen lehrte von 1946-51 an der Universität Hamburg.
Am 9. November jähren sich die Novemberpogrome der Nazis zum 82. Mal. Rund 1.400 Synagogen, tausende jüdische Geschäfte, Arztpraxen und Wohnhäuser sind in Deutschland und Österreich binnen weniger Stunden zerstört worden. Jüdinnen und Juden wurden bedroht, gefoltert, ermordet und durch Entwürdigungen in den Suizid getrieben. In den nachfolgenden Tagen wurden zehntausende Menschen in Konzentrationslager verschleppt.
Dieses Ausmaß der Entmenschlichung hatte das faschistische Regime in den vorangegangenen Jahren durch die Propaganda eines völkischen Nationalismus und der gesetzlich vorgeschriebenen Ausgrenzung von Jüdinnen und Juden aus dem kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Leben vorbereitet. Die Inszenierung der Notwendigkeit, „Volksfeinde“ zu vernichten, richtete sich somit gegen die Errungenschaften all derer, die mit ihren Egalitäts- und Friedensbestrebungen den Ersten Weltkrieg beendet hatten. Aus der friedenbringenden Umwälzung vom 9. November 1918 ging auch die bürgerlich-demokratische Gründung der Hamburger Universität mit einem deutlichen sozialen Impetus hervor.
Gegen humanistischen Aufbruch aufgeklärter Entwicklung schürte das Bündnis aus alten Eliten und NSDAP die „rassisch“ begründete Konkurrenz- und Vernichtungsideologie um die deutsche Bevölkerung wenig später in einen Angriffskrieg zur Eroberung von Herrschaftsgebieten und zur Unterjochung der Bevölkerungen Osteuropas zu treiben.
Der Philologe Victor Klemperer entblößte 1947, wie die antisemitische Propaganda durch die vorgetäuschte Bedrohung der deutschen Bevölkerung zur Gewalt anstacheln sollte: „Und was man immer unternimmt, vom allerersten Augenblick an, ist Abwehrmaßnahme in dem einen aufgezwungenen Krieg, dem jüdischen Krieg [...] und im letzten bringt ja auch dieser 1. September [1939] gar nichts Neues, sondern nur eine Fortsetzung der jüdischen Mordanfälle gegen Hitlerdeutschland, und wir, wir friedliebenden Nazis, tun nichts anderes, als was wir vorher getan haben, wir verteidigen uns: ‚seit heute morgen‚ erwidern wir das Feuer des Feindes‘, heißt unser erstes Kriegsbulletin.“ (LTI: „Der jüdische Krieg“)
Die Hamburger Ordinarien dienten sich mehrheitlich dem faschistischen Regime an und übernahmen dessen anti- wissenschaftliche, inhumane Doktrin. Sie vertrieben jüdische Hochschulmitglieder und ordneten sich im Januar 1934 dem „Führerprinzip“ unter. Dabei gab es auch im universitären Rahmen Widerstand gegen die Faschist:innen. So riefen auch in Hamburg Mitglieder der Weißen Rose durch aufklärerische Flugblätter zum Widerstand auf und trugen so zur Befreiung vom Faschismus bei.
Befreiung als Verwirklichung der gleichen Würde aller Menschen und Frieden bilden heute auf neuer Stufe eine Einheit. Zu ihrer Verwirklichung wollen wir als Mitglieder der Universität uns erweitert in die Lage versetzen, „verantwortlich zu handeln auf Grund von Erkenntnis und freiem Entschluß.“ Wir haben heute die Möglichkeit, zur Beendigung der Hauptursachen für Kriege – Hunger, Ungleichheit und Klimakrise – beizutragen. Geschichte gut zu machen ist gemeinsam zu lernen. Der Akademische Senat ruft die Universitätsmitglieder daher auf, sich an der Mahnwache auf dem Joseph-Carlebach- Platz am 9.11.2020, 15:30, sowie an der Gedenkveranstaltung im Audimax unter dem Titel „Unser Auftrag – Die Botschaft der Überlebenden, rechte Bedrohungsallianzen und Antisemitismus heute“ am 5.11.2020, 19 Uhr, zu beteiligen.
Mahnwache Erinnerung und Mahnung!
anlässlich des 82. Jahrestags der Reichspogromnacht
Joseph-Carlebach-Platz (Grindelhof)
9. November 2020 um 15:30 Uhr
Es sprechen:
- Peggy Parnass
- Dr. h.c. Jürgen Lüthje - ehem. Präsident der Universität Hamburg
- Dr. Miriam Rürup - Institut für die Geschichte der deutschen Juden
- Ibrahim Arslan - Überlebender des rasstischen Brandanschlages in Mölln
- Christian Kroencke - DGB Hamburg
- Claudine Hartau - Universität Hamburg
- Ilse Jacob - VVN-BdA Hamburg
- Zwei Schülerinnen eines Hamburger Gymnasiums
- Liberale Jüdische Gemeinde
Moderation: Traute Springer-Yakar - VVN-BdA
Veranstalter: Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Hamburg und die Universität Hamburg