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Ohne Einschränkung: Nein!

„Denn wir sind Nein-Sager. Aber wir sagen nicht Nein aus Verzweiflung. Unser Nein ist Protest. Und wir haben keine Ruhe beim Küssen, wir Nihilisten. Denn wir müssen in das Nichts hinein wieder ein Ja bauen. Häuser müssen wir bauen in die freie Luft unseres Neins, über den Schlünden, den Trichtern und Erdlöchern und den offenen Mündern der Toten: Häuser bauen in die reingefegte Luft der Nihilisten, Häuser aus Holz und Gehirn und aus Stein und Gedanken ...“

Wolfgang Borchert: „Das ist unser Manifest“, Hamburg 1947.

Im September 2019 haben die Rüstungsexporte aus Deutschland eine Rekordmarke erreicht: Ihr Handelsvolumen belief sich auf 6,35 Milliarden Euro; ein Jahr zuvor waren es 5,5 Milliarden. Die Hauptempfänger sind Ungarn (mit rechtsextremer Regierung, zur Aufrüstung gegen Flüchtlinge) und Ägypten (als Teil der Koalition im verbrecherischen Krieg gegen Jemen). Ein wichtiges Abnehmerland mit Tradition ist die Türkei, deren Militär völkerrechtswidrig gegen Kurden in Syrien Krieg führt.

Es gibt keinen einzigen guten Grund, für Rüstung zu forschen, sie zu produzieren und in der Welt zu verbreiten. Aufrüstung ist Ausdruck der Bereitschaft, Konflikte gewaltsam zu führen.

Sie ist die Absage an die menschliche Fähigkeit und politische Möglichkeit, Konflikte in ihrer Genese zu verstehen, Ursachen und Interessen zu klären, Deeskalation und Aufklärung zu betreiben, Bedürfnisse zu erkennen und kooperativ zu befriedigen, Aggression und Anmaßung durch Solidarität Einhalt zu gebieten, durch Zusammenarbeit, Demokratie, Bildung und Kreativität das Leben zu verbessern.

Aufrüstung ist die Absage an zivile Forschung und Produktion nützlicher und nachhaltiger Güter; sie verneint das Recht auf menschenwürdige Arbeit.

Sie bindet also nicht nur, nicht einmal vor allem, materielle Ressourcen, sondern pervertiert intellektuelle, soziale und kulturelle Fähigkeiten ganzer Gesellschaften.

Gut und nötig also, dass das gesellschaftliche Engagement für Frieden, Abrüstung und zivile Konfliktlösung, für global gerechte wirtschaftliche Beziehungen und für Menschenrechte immer konsequenter, sorgfältiger, überzeugender und mutiger unternommen wird. Das motiviert, auch andere Zumutungen (Oberflächlichkeit, private Enge und sinnlose „Verpflichtungen“, martialische und konkurrenzhafte Alltagskultur) verstärkt praktisch und konsequenzenreich in Frage zu stellen.

Für Frieden, Gerechtigkeit, Solidarität, Klimawende und ein aufgeklärtes Menschenbild können Wissenschaft und Bildung eine gute Rolle wahrnehmen. Sie müssen im Konflikt mit Rechts und (Rüstungs-)Wirtschaft durchgesetzt werden. Darauf verweist in ihren neuesten Beschlüssen auch die Gewerkschaft ver.di: „Militärische Aufrüstung und entsprechende Forschung, Entwicklung und Finanzierung erfolgt aber nicht nur in Bereichen, die explizit als solche ausgewiesen werden, sondern auch in Feldern sogenannter ‚Dual-Use-Güter‘, die sowohl für militärische als auch für zivile Zwecke eingesetzt werden können. Auch damit muss sich Rüstungskontrolle befassen. Damit öffentliche Forschungseinrichtungen, Hochschulen und ihre Institute nicht einem Zwang ausgesetzt sind, auch militärisch verwendbare Technologien zu entwickeln, setzt ver.di sich dafür ein, dass sie ausreichend mit öffentlichen Geldern ausgestattet werden, so dass sie nicht auf Drittmittel angewiesen sind. Sie müssen insbesondere das Recht und die Möglichkeit haben, Drittmittelforschung, die der Rüstung dient, ablehnen zu können. Dazu gehört auch die institutionelle Verankerung einer Friedensbindung, wonach Forschung und Lehre auf ausschließlich friedliche und zivile Zwecke zu beschränken sind (Zivilklausel).“

Aus diesen Zusammenhängen ergeben sich weitreichende Aufgabenstellungen, Motive und Bündnisse für die Studierendenschaft. Eine Welt ohne Gewalt: Ja!

V.i.S.d.P.: Golnar Sepehrnia, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Samstag, den 12. Oktober 2019, http://www.harte--zeiten.de/artikel_1441.html