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Keine Angst vor Neuwahlen – Nein zur großen Koalition!

„Angesichts der weitgehenden Stabilität von Sicherheitserwartungen in der Bevölkerung hätte eigentlich der Verlust von Statussicherheit und die Einschränkung von Teilhabechancen zu Protesten gegen diese Entsicherungspolitik [Agenda 2010] führen müssen. Doch offensichtlich zielte das zuletzt beobachtbare Protest(wahl)verhalten auf anderes: v. a. die Zuwanderung(spolitik) und die (angebliche) Konkurrenz um Jobs und Sozialleistungen. […] Dafür gibt es sicherlich verschiedene Gründe, doch einer wird vielfach unterschätzt: der Faktor Angst und seine Rolle als »Schmiermittel« einer Reformpolitik, die Menschen mehr »Eigenverantwortung« für die Bewältigung von Risiken aufzwingt, die sie nur sehr begrenzt unter Kontrolle haben.“

Angst im Sozialstaat – Hintergründe und Konsequenzen, Friedrich Ebert Stiftung, WISO direkt, 38/2017. pdf

Was die Autoren der Friedrich-Ebert-Stiftung argumentieren hat es in sich: Mit der Politik der Agenda 2010 wurde als faul stigmatisiert und unter Rechtfertigungszwang gebracht, wer erwerbslos ist. Das ist die „Eigenverantwortung“. Die so geschürte Angst vor gesellschaftlicher Desintegration macht Druck für konformistisches Verhalten: Entweder Abfinden mit erzwungener Isolation oder bis zum brutalen Rassismus verbissene Konkurrenz gegen Seinesgleichen.

Im Windschatten dieser vor allem von den Kapitallobbyisten organisierten Entsolidarisierung wurden mit De-Industrialisierung und Arbeitsintensivierung hunderttausende klassischer Arbeitsverhältnisse vernichtet. Richtig wäre gewesen, zur Kräftigung des demokratischen Sozialstaats die erheblichen Produktivitätssteigerung mit Arbeitszeitverkürzung und Lohnsteigerung zu beantworten. Weil dies nicht geschah, wuchsen die deutschen Exportüberschüsse, die ganz Europa ruinieren. Privatisierungen, Steuerverzicht, Deregulierungen, „Bankenrettung“ wurden durchgesetzt mit der steten Behauptung, „Deutschland“ gehe es davon gut, wer das anders sehe, sei womöglich ein Versager. Das Resultat ist: die 45 reichsten Deutschen besitzen so viel wie die ärmsten 41 Millionen EinwohnerInnen. Die materielle Zerstörung und die staatliche Denunziation von (potentiellen) Sozialleistungsempfängern sind strukturelle Gewalt seit eineinhalb Jahrzehnten; die Verrohung, die nun im Ausmaß der Zustimmung zur AfD und extrem rechten Bewegungen zum Ausdruck kommt, rührt daher.

Die so über lange Zeit geschaffenen sozialen Verwerfungen und kulturellen Zerstörungen müssen schleunigst beendet werden. Deshalb wachsen überall soziale Bewegungen: für das Ende der Austeritätspolitik, für massive Umverteilung von Oben nach Unten, für Sozialleistungen frei von Sanktionen, für Rekommunalisierung und die Ausweitung öffentlicher Beschäftigung, für verkürzte Arbeitszeit und mehr Mitbestimmung, für gute Sozialwohnungen in öffentlicher Hand, die für alle reichen sollen, die hier leben wollen. Die SPD muss sich an diesen Kämpfen beteiligen, statt an der Rechtfertigung und staatlichen Durchsetzung von Demütigung, Sozialabbau und Umverteilung nach Oben. Eine solche Bewegung für sozialen Fortschritt wirkt auch gegen Verzweiflung und Verrohung. Sie kommt durch streitbare Parteinahme in die Welt. Deshalb entspricht dies auch vielfach der gesellschaftlichen Praxis: in sozialen Bewegungen und Gewerkschaften, in studentischem Engagement, der Friedensbewegung oder der Flüchtlingssolidarität.

Auf diese gesellschaftliche Opposition kommt es an – mit oder ohne SPD-Parteibuch. Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten können außerdem jetzt dafür stimmen, dies künftig nicht gegen die „eigene“ Regierung zu verfolgen. Gegen Rechts ist nach links: #NoGroKo

V.i.S.d.P.: Golnar Sepehrnia, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Mittwoch, den 21. Februar 2018, http://www.harte--zeiten.de/artikel_1396.html