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Halb leer

Der AStA zur Halbzeit.

Nein, gemeint ist nicht der sprichwörtliche Streit um ein eher volles oder eher leeres Wasserglas : Es geht um die Anwesenheit der vielen ReferentInnen, die für ihre Tätigkeit im grünen AStA mit monatlichen Aufwandsentschädigungen zwischen 600 und 1.200 Mark bedient werden. Wogegen wenig zu sagen wäre, wenn alle auch die entsprechende Aktivität an den Tag legen würden. Wie gesagt wenn...

Schon ein Blick auf eine AStA-Sitzung zeigt in der Regel: Halb leer, manchmal sogar weniger. Dann ist der AStA mangels anwesender Mitglieder nicht beschlußfähig, in den letzten Wochen keine Seltenheit.

Seit Semesterbeginn sieht man zwar wieder öfter AStA-Mitglieder in ihren Büros, zugleich haben aber offenbar etliche Grüne schon wieder 'kein' Bock" mehr und sind zurückgetreten - ohne, daß man jeweils etwas von dem Abgang bemerken würde. Denn besonders viel ist einstweilen nicht passiert.

Gut, da ist der Sommernachtstraum, in diesem Jahr inhaltlich abgespeckt und finanziell den Rahmen sprengend inszeniert (Wie man mit Bierverkauf auf satte 40.000 Mark minus kommen kann ist ja eher dubios). Weiter produzierte der AStA eine Infobroschüre. Mit dem Hinweis, Informationen bekomme man im AStA - und das ganze schön bunt und mit vielen Bildern der ReferentInnen.

Kein besonderes Interesse haben die Grünen an originären AStA-Aufgaben. Soziale Interessenvertretung? Fehlanzeige. Die BAföG-Beratung läßt der AStA von studentischen Honorarkräften erledigen, die ReferentInnen unternehmen nicht mal den Versuch, sich sachkundig zu machen. Wozu auch, wenn man sowieso nicht vor hat, die BAföG-Politik der "eigenen" Regierung zu kritisieren. Zum Thema 630-Mark Jobs hat der AStA es bis heute nicht geschafft, sich eine Position zu bilden.

Politik? Fehlanzeige

Nicht mal beim Vorzeigethema Semesterticket hat der AStA irgendwas getan. Wozu auch, hatte doch schon das letzte StuPa den Vertrag mit dem HVV verlängert. Was die vom AStA angekündigten Leistungsverbesserungen angeht, hieß es aus dem Ökoreferat kürzlich: Tja, der HVV hält uns hin. Ende der Durchsage.

Hochschulpolitik? Ebenfalls ein Fremdwort. Auf die Idee, den vom aktuellen Prüfungsskandal in dem Wirtschaftswissenschaften betroffenen Studierenden juristischen Beistand anzubieten (der angeschuldigte Prof steht im Ruf schnell mit Klagen bei der Hand zu sein), mußte der AStA von der linken Opposition gebracht werden. Zur derzeit bundesweit laufenden Kampagne gegen Studiengebühren fällt dem AStA nicht viel ein, außer, das sei eine gute Sache. Die Unterschriftensammlung überläßt man aber lieber anderen. Für das bundesweite Aktionsbündnis (ABS) waren dem AStA lachhafte 1.000 Mark fast schon zu viel (bei einem Haushalt von fast 900.000 DM). Das Kritik an den auch unter einer grünen Senatorin in Hamburg kassierten Studiengebühren für die neuen "Elite"-Studiengänge (ICGS, NIT) von diesem AStA nicht zu erwarten ist, versteht sich fast schon von selbst.

Schöner Verwalten

In Schwung kommen die Grünen allerdings, wenn es ums Wohlbefinden geht. Deshalb waren diverse AStA-Leute monatelang mit so brennenden Problemen wie der Auswahl neuer Wandfarben, dazu passender Dekostoffe, darauf abgestimmter Regale, hiermit harmonisierenden Kaffeebechern, usw. usw. beschäftigt. Nun haben sie, was zur echten AStA-Soap immer gefehlt hat: Neue IKEA-Schreibtische, neue IKEA-Regale, neue IKEA-Polstersitze, besonders schön im neu eingerichteten Pausenraum. Sehr
überzeugend ist, daß die von den Grünen als förderungswürdig deklarierte studentische Kunst im AStA jetzt durch ein Van Gogh-Poster repräsentiert wird, ein vor einigen Jahren durch eine Nachwuchs-Künstlerin geschaffenes Wandbild aber unter Wisch-Optik in Apricot verschwinden mußte. Ja, und seit die Türen im AStA neu lackiert sind, ist auch besser erträglich, daß dahinter immer weniger stattfindet. Draußen das selbe Bild, auch der Campus ist Ziel des grünen Gestaltungswillens. Es gibt ja immer noch Leute, die meinen, diese Uni bräuchte dringend eine bessere Lehrmittel- und Personalausstattung. Die Grünen - ganz realissimo ? verschwenden auf derlei Probleme keine Gedanken. Da wird nicht gemeckert, gefordert, gar gefragt, wie die Uni von Morgen aussehen soll. Alles, alles darf kommen, wenn nur der Campus ökologisch umgebaut wird. Keine Seminare, aber sich um das Ambiente sorgen - eine bestechende Prioritätensetzung für einen AStA.

Weil all das bezahlt werden muß, hat der AStA seine langjährige Sekretärin gefeuert, nach über 20 Jahren. Mit einem kaltschnäutzigen, "die kriegt doch sicher schnell 'nen neuen Job" als verbalen Tritt hinterher. Sogar um eine läppische Abfindung mußte die Frau sich mit dem AStA gerichtlich streiten. Für die Grünen kein Hindernis, von "Trennung in gegenseitigem Einvernehmen" zu faseln.

Um gegenseitiges Einvernehmen geht es der GHG auch mit der grünen Partei. Daß in diesem Sinne aus dem AStA kein Sterbenswörtchen der Kritik an GAL - Wissenschaftssenatorin Sager (z.B. an ihrer teilweisen Zustimmung zu Studiengebühren) kommt, kann man nur noch als Parteisoldatentum alter Schule bezeichnen.

Daß aber im September der komplette AStA (immerhin eine öffentlich-rechtliche Körperschaft) sich zur Rechtfertigung seiner Tätigkeit vor den Partei-Vorstand der GAL zitieren läßt, das ist eine schon eindrucksvolle Verquickung - pardon: Vernetzung - von Parteitätigkeit mit studentischer Selbstverwaltung.

Man darf also gespannt sein, was die GHG im nächsten StuPa-Wahlkampf als Erfolge verkaufen wird. Vielleicht ja die neue Koalition der Realisten: Die besteht in den Gremien der Akademischen Selbstverwaltung nämlich immer öfter aus FDP-LUST, GHG und den Kameraden vom RCDS.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Sonntag, den 28. November 1999, http://www.harte--zeiten.de/artikel_139.html