Menü | Home › Publikationen › harte zeiten › Flugblatt von harte zeiten vom
#NoGroKo
„Die SPD scheint sich durchgesetzt zu haben bei der Festschreibung des Rentenniveaus auf 48 Prozent, beim Rückkehrrecht aus der Teilzeit, bei der künftig wieder paritätisch finanzierten Krankenversicherung. Der Bund soll bei der Bildung mitregieren dürfen, und Deutschland will einen europapolitischen Aufbruch wagen. Die Union bekommt eine Art Zuwanderungsobergrenze (die aber nicht so heißt) und zentrale Lager für Migranten (die freundlicherweise "ANkER" heißen sollen) und mehr Polizisten. Sie hat Steuererhöhungen verhindert und auch die Bürgerversicherung. Der Familiennachzug bleibt bis auf Weiteres ausgesetzt, und wenn er später doch noch kommt, dann auf kleinstem Niveau. Der Rest: mehr für Familien, mehr Digitalisierung, möglichst weniger Arbeitslose. Reicht das?“
Stefan Kuzmany: „Aufbruch ins Weiter-so“, Spiegel-Online, Kolumne 21.01.2018.
„Leute, bar jedes Verständnisses für den Willen, der über die Tagesinteressen hinausheben will – man nennt das hierzulande: Realpolitiker – bekämpfen uns, weil wir im Kompromiß kein Heil sehen, weil wir in neuen Abzeichen und neuen Aktenstücken kein Heil sehen. […] Und – das eben scheint unsern Gegnern eine Gefahr und ist auch eine – wir glauben nicht, dass die Flamme des Ideals nur dekorativ am Sternenhimmel zu leuchten hat, sondern sie muß hienieden brennen: brennen in den Kellerwinkeln, wo die Asseln hausen, und brennen auf den Palastdächern der Reichen […].“
Kurt Tucholsky: „Wir Negativen“, Die Weltbühne 13.03.1919.
Politik muss sich nicht darin erschöpfen, vorgeblich die schlimmsten Nöte einer unzufriedenen, gespaltenen Bevölkerung zu lindern. Es geht darum, Demokratie einen menschlichen Sinn (wieder) zu geben. Die „Sondierungsvereinbarung“ der Parteioberen von Unionsparteien und SPD spiegelt, dass diese Parteien den sozialen Unmut der Bevölkerung berücksichtigen müssen: Eine Tüte Bonbons aus Nicht-Verschlechterungen und sozialen Milderungsversprechen. Was daran eklig schmeckt, ist die mitschwingende Unterstellung, die Bevölkerung sei mit kleinen Häppchen leicht abzuspeisen und schere sich dann nicht um Frieden, Gerechtigkeit, Solidarität und eine lebenswerte Welt im globalen Maßstab.
So werden mit der „Sondierung“ die größten Unmenschlichkeiten nicht einmal gelinde in Frage gestellt:
Keine Bank hätte nach dieser Vereinbarung eine Regulierung oder schärfere Überwachung zu fürchten. Eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes, eine Vermögenssteuer oder ähnliches ist nicht vorgesehen. Die „Austerität“ der Schuldenbremse, die europaweit Privatisierung und massenhafte Verarmung bedeutet, bleibt unangetastet. Ebenso soll an der Entwürdigung durch die „Hartz“-Gesetzgebung nichts geändert werden. Sachgrundlose Befristung von Arbeit bliebe möglich. Eine Beseitigung der Zwei-Klassen-Medizin ist nicht im Programm. Die Rente bleibt mickrig.
Am zynischsten aber ist vielleicht das umfassende Aufrüstungsprogramm, das fortgesetzt werden soll. Unter dem harmlos klingenden Label einer europäischer „Krisenprävention“ sollen im Rahmen der „Permanent Structured Cooperation (PESCO)“ die meisten EU-Länder ihre Verteidigungs- und Rüstungshaushalte kontinuierlich erheblich anheben. Zugleich soll die gewaltsame und menschenrechtswidrige Abschottung gegen Flüchtlinge mit Obergrenzen, weitgehend ohne Familiennachzug und mit Internierungslagern und Frontex verschärft werden.
Gegen all dies richtet sich Widerstand in der Bevölkerung, in Gewerkschaften, Friedensbewegung und auch in der SPD. Darin kommt zum Ausdruck, dass das sogenannte „gute Regieren“ und das Gegeneinander-Ausspielen verschiedener Teile der (Welt-)Bevölkerung keine Perspektive haben. Eine solidarische und aktive Öffentlichkeit wirkt zunehmend für eine wirklich zivile, und sozial aufgeklärte Politik im Großen und im Kleinen. Sie ist auch der unbedingt nötige Kontrapunkt zur äußersten Rechten.
Solidarische gesellschaftliche Opposition ist der wesentliche Faktor guter Veränderungen. Regierungen vollziehen höchstens nach, was so – in Bewegung! – erkämpft wurde und wird. Die Mitwirkung an diesem gesellschaftlichen Umbruch ist möglich. Sie ist bereits eine spürbare und auch persönlich unverzichtbare Erneuerung.