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National-ökologische Reformkoalition

Die Wahlen zum Studierendenparlament (SP) sind kaum gelaufen, da hat die GHG bereits die Weichen dafür gestellt, daß es im kommenden Jahr deutlich polarisiert und konfrontativ zugehen wird. Anläßlich eines zweiten Versuches in wenigen Wochen, die Satzung der Studierendenschaft zu ändern entscheiden die Grünen sich für die Zusammenarbeit mit den Gruppen vom rechten Rand des SP. Bis hin zu Mensurfressen aus schlagenden Verbindungen, von denen Normalstudierende sich oft kaum vorstellen können, daß es sie noch gibt.

Trotz immer noch hoher Akzeptanz - mit 35% der abgegebenen Stimmen stärkste Fraktion im neuen SP - steht es für die Handlungsmöglichkeiten der GHG zunehmend schlecht Schon im letzten Jahr hatte man es nicht verstanden, aus eigener Kraft die Aufgaben als studentische Interessenvertretung wahrzunehmen.

Weil viele Grüne nicht gewillt waren, mehr als zwei Sitzungen des SP mit zu machen, war die GHG bereits im letzten Jahr auf die Tolerierung von RCDS & Co. Angewiesen (z.B. Sommerhaushalt '99).

Andererseits: gegen Studiengebühren passierte lange gar nichts, die hiesigen Aktivitäten wurden - wie die Grünen eingestehen mußten - maßgeblich von der gerne als praxisfeindlich gescholtenen linken Opposition getragen. Nur weil einige Grüne sich dazu durchrangen, in dieser Frage mit der Opposition zu kooperieren, war vom AStA überhaupt etwas zu Studiengebühren zu hören.

Satzungsänderung im Eilverfahren

Auf der letzten Sitzung des alten SP am 3. Februar wollten die Grünen noch schnell eine Änderung der Satzung der Studierendenschaft über die Bühne bringen. Zwar hatte man bereits im Dezember dasselbe Unternehmen in einer hochnotpeinlichen Aktion erst initiiert um dann Minuten vor der Abstimmung im SP zum Rückzug zu blasen - doch nun war gewissermaßen Gefahr im Verzuge. Denn die SP-Wahl im Januar brachte eine leichte Linksverschiebung und eine Satzungsänderung gegen die linken Gruppen nicht mehr durchsetzbar. Die aber brennt den Grünen unter den Nägeln, fehlen doch Leute, die Interesse haben, für die Grünen SP-Mandate wahrzunehmen. In atemberaubender Notverordnungs-Rhetorik erklärte daher die GHG, zur Sicherung der Arbeitsfähigkeit von SP und ASA sei es unbedingt notwendig, das SP zu verkleinern.

Daß es nicht um die Arbeitsfähigkeit von SP und AStA geht, wird allerdings daran deutlich, daß die Grünen es zu keinem Zeitpunkt für opportun hielten, mit anderen Listen im SP über Änderungsbedarf zu sprechen. Das, was man durchsetzen wollte, war mit den rechten Listen ausgekungelt. Einführung einer Prozenthürde, Verkleinerung von 47 auf 35 Mandate, Abschaffung des Kollegialprinzips im SP-Präsidium - mehr "Effizienz" dank weniger demokratischer Rechte.

Wenig überraschend, daß sich dafür auch jene Listen erwärmen, denen die "Laberbude" SP traditionell nicht in den Kram paßt; denen es ein besonderes Vergnügen ist, zu sehen, wie die GHG - ganz, ganz unideologisch - ihre Koordinaten nach rechts verschiebt: Etwa zum total unbefangenen Umgang mit deutschnationalen Corpsstudenten, die meinen, nach dem Rückzug von Reemstmas Wehrmachstausstellung sei die Hitler-Wehrmacht reif für den Friedensnobelpreis. Denn das Rosa-Luxemburg-Zitat von der Freiheit als Freiheit des Andersdenkenden soll nach Meinung nicht unmaßgeblicher Teile des grünen Lagers insbesondere für solche gelten, die denken, Auschwitz sei wenn zwar keine alliierte Propaganda-Lüge so doch Schnee von gestern.

[ Wer das nicht glauben mag, sollte einfach mal das SP besuchen.] Oder auch zur AStA-Bildung mit dem RCDS im Koffer (wie vom RCDS bereits in der "Welt" angeboten). Einem RCDS, der gegen Regelstudienzeit-Überschreiter hetzt ("Sozialschmarotzer") und aus 68er-Neurose alle Uni-Mitarbeiter auf Stasi-Bekanntschaften überprüft sehen will.

Wenn das Ziel weniger Mitbestimmung ist - dann ist es naheliegend, auch den Weg dem Ziel entsprechen zu lassen. Zu bestaunen waren im SP massenhafte Rücktritte von ParlamentarierInnen, die zu einer Verkleinerung des SP führen sollten - um so die Hürde der für Satzungsänderungen nötigen 2/3-Mehrheit zu verringern. Zwar legt die Satzung fest, daß das SP auch durch Rücktritte nicht verkleinert wird, die Position der Grünen war allerdings: Wem's nicht paßt, der könne ja klagen. Dazu kamen drei Rücktrittserklärungen urlaubender Mitglieder, die ganz offensichtlich von ein und derselben Person verfaßt und unterschrieben wurden. Egal: Die öko-patriotische Heilsfront ließ sich durch gar nichts mehr beirren (schon gar nicht durch Anträge linker Gruppen, die nicht zur Abstimmung zugelassen wurden), stimmte die Satzungsänderung durch und applaudierte schon mal der kommenden AStA-Kameradschaft.

Ob allerdings die Satzungsänderung das erforderliche OK der Uni-Leitung bekommen wird, bleibt nach den erlebten Satzungsverstößen. abzuwarten. Eines ist aber klar: Mit dem Verfahren haben die Grünen sich ganz eindeutig dagegen entschieden, mit den linken Gruppen in der Studierendenschaft zu kooperieren.

Ob bei der Weiterführung der Aktivitäten gegen Studiengebühren, ob bei der Abwehr von Verschärfungen in Prüfungsordnungen oder der Verteidigung von studentischen Mitbestimmungsmöglichkeiten im hamburgischen Hochschulgesetz (steht gerade zur Novellierung) - die Grünen setzen auf das Prinzip Vera: Lächeln und Schweigen. Auf den AStA darf man sich freuen.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht Februar 2000, http://www.harte--zeiten.de/artikel_137.html