Menü | HomePublikationenharte zeiten › Flugblatt von harte zeiten vom

Law & Order? – Ein Einspruch

„Wenn wir einen schnelleren Vollzug hinkriegen, wenn es sich herumspricht, dass es nichts hilft, seine Papiere wegzuwerfen, wenn wir es schaffen, jemanden zurückzuführen, in sein Herkunftsland oder in ein benachbartes Land, was aus meiner Sicht genauso vertretbar ist, dann würde das funktionieren. Es muss nur von Platz 82 der Prioritätenliste der Bundesregierung auf Platz 1. (...) Lassen Sie mich daran erinnern, dass es unter anderem meine Initiative war, die Staaten des westlichen Balkans zu sicheren Herkunftsländern einzustufen. Auch bei den genannten nordafrikanischen Staaten halte ich das für sinnvoll. (…) Ich finde ein klares Bekenntnis zur Europäischen Union und zur NATO wichtig. Wer an der Regierung dieses Landes beteiligt sein will, muss sich dazu bekennen.“

Olaf Scholz im Interview mit Die Zeit: „Wir wissen, was man tun muss“, 12.1.2017.

„An seinen Gedanken liegt uns unendlich mehr als an seinen Taten, und noch weit mehr an den Quellen seiner Gedanken als an den Folgen jener Taten. Man hat das Erdreich des Vesuv untersucht, sich die Entstehung seines Brandes zu erklären; warum schenkt man einer moralischen Erscheinung weniger Aufmerksamkeit als einer physischen?“

Friedrich Schiller, „Der Verbrecher aus verlorener Ehre“, 1786.

Der UN-Flüchtlingsrat hat jüngst die Bundesregierung ermahnt, Abschiebungen nach Afghanistan zu stoppen. Die Lage dort habe sich „seit April 2016 deutlich verschlechtert“. „Das gesamte Staatsgebiet ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt betroffen“. „Rot-Grün“ in Schleswig-Holsteins will dieser Empfehlung folgen. Hamburg nicht. Im Gegenteil.
Hier wird verweigert, den Ursachen, Gründen, Begründungen und Zusammenhägen von Gewalt (oder Armut) öffentlich aufklärend auf den Grund zu gehen. Stattdessen wird suggeriert, Probleme könnten beseitigt werden, indem man Menschen abschiebt: Aus den Augen, aus dem Sinn?
Daher sei hier erinnert, daß der Hauptfluchtgrund weiterhin der Krieg mit seinen Folgen ist. Das gilt auch für das ehemalige Jugoslawien. Der Krieg ist auch das größte Gewaltverbrechen.
Friedrich Schiller war bereits wenige Jahre vor der Französischen Revolution wesentlich weiter in Sachen Ursachenanalyse. Nicht ein einzelner „Täter“ schafft ein Problem, sondern seine Tat ist eine – vielleicht erschreckende oder grausame – Pointe von Verhältnissen, die nicht besser sind. Von Verhältnissen, die geändert werden können.
Das ist Aufklärung.
Jede neue Gewalttat wird herangezogen, eine erneute Militarisierung nach Außen und den Ausbau der Repressionsorgane nach Innen zu legitimieren. Andernfalls wäre ja auch zuzugeben, daß Krieg, Sozialabbau, Sicherheitsdoktrinen und Kraftmeierei die Welt nicht gerade zu einem besseren Ort gemacht haben. Anstelle dessen fordert der Bürgermeister „Bekenntnisse“ zu NATO und EU. Das klingt mehr nach Inquisition als nach SPD.
Da lohnt es, sich und alle an den Grundsatz der Aufklärung zu erinnern, daß alle Menschen in ihrer Würde und ihren Rechten gleich sind und sich frei und brüderlich entfalten können sollen. Dies zum Leitbild von Politik zu machen, ist die größte Zivilisierung – und eine Aufgabe für alle.
„Sicherheit und Ordnung“ finden im Engagement für soziale Demokratie ihre Alternative.

V.i.S.d.P.: Golnar Sepehrnia, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Montag, den 16. Januar 2017, http://www.harte--zeiten.de/artikel_1357.html