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Für die Ausfinanzierung der Hochschulen zum allgemeinen Wohl

Verabschiedet vom Akademischen Senat am 23. Oktober 2014, vom Fakultätsrat Wiso und der uniweiten studentischen Versammlung am 29. Oktober 2014, vom Studierendenparlament am 30. Oktober 2014 und vom AStA am 31. Oktober 2014, von den Fakultätsräten GeiWi und MIN am 5. November 2014 [weitere geplante Unterstützer: Fakultätsräte u.a.]

Die Mitglieder der Universität Hamburg werden die kommenden Monate zu einem Semester der öffentlichen Auseinandersetzung und des Protestes für grundlegende Verbesserungen für Bildung und Wissenschaft, für Studium, Lehre und Forschung machen.
Wir wenden uns mit diesem Engagement gegen die ständigen Verschlechterungen, die den Hochschulen politisch aufgebürdet werden, sowie gegen aktuelle Ärgernisse:

  • mit einem „Strategiepapier“ zur Entwicklung der Hamburgischen Hochschulen will der Senat diesen gegen ihren Willen eine einseitige Ausrichtung auf Wirtschaftscluster auferlegen,
  • mit dem neuen Hamburgischen Hochschulgesetz hat der politische Senat den Hochschulen die von diesen nachdrücklich und begründet geforderte Demokratisierung verweigert,
  • die groß angekündigten und dringend notwendigen Baumaßnahmen zur Gewährleistung der Arbeitsfähigkeit werden erheblich verschleppt,
  • die chronische Unterfinanzierung der Hochschulen wird immer weiter zugespitzt. Nun hat der Senat zusätzlich entschieden, dass von den freigewordenen BAföG-Millionen nicht ein Cent in die Grundfinanzierung der Hochschulen fließen soll, und für den Doppelhauslhalt 2015/16 sind erneut Minderausgaben in zweistelliger Millionenhöhe geplant.

Diese Politik ist zum großen Schaden von Bildung und Wissenschaft. Damit schadet sie allen Bürger_innen, denn sie schränkt die Universität darin ein, ihrem Anspruch gerecht zu werden, durch Bildung und Wissenschaft dem Wohle der Gesellschaft zu dienen.
Die Universität hat in ihrem Leitbild den Anspruch formuliert, mit ihrer Arbeit zu einer zivilen, sozialen, demokratischen, ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft beizutragen. Die folgende Auflistung soll beispielhaft deutlich machen, wie die Hochschulen dieser Aufgabe gerecht werden und weiter nachkommen wollen:

Grundlagen und angewandte Forschung:
Die Universität ist forschungsstark und kooperiert mit anderen international herausragenden Forschungseinrichtungen (DESY, Max-Planck Instituten, Helmholz-Gemeinschaft). Gemeinsam wird Grundlagenforschung betrieben, die langfristig von Bedeutung ist und viele der folgenden Beispiele praktischer Wirkung der Wissenschaft möglich gemacht hat.

Öffentliche Gesundheitsversorgung:
Zur Universität gehört mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) eine der letzten nicht privaten, sondern öffentlichen Gesundheitseinrichtungen. Dies eröffnet prinzipiell die Möglichkeit einer Gesundheitsversorgung und einer medizinischen Forschung, die unabhängig von kommerziellen Interessen auf die Gesundung der Menschen gerichtet ist. Diese besonderen Bedingungen haben z.B. die aktuelle Heilung eines mit Ebola infizierten Patienten ermöglicht, womit auch medizinische Erkenntnisse für die Zukunft gewonnen wurden.

Bildung und Inklusion:
Mit der Gesellschaft muss sich auch das Bildungswesen weiterentwickeln. Erziehungswissenschaftler_innen an mehreren Hamburger Hochschulen arbeiten in Forschung, Lehre und Studium sowohl für die Bildung von Pädagog_innen als auch für die konzeptionelle Weiterentwicklung von Schule und anderen Bildungseinrichtungen, damit z.B. Inklusion und Ganztagsschule nicht einfach nur Sparmodelle sind, sondern eine neue Qualität solidarischen Lernens zum Wohle aller Kinder.

Gesellschaftliche Teilhabe in allen Altersstufen:
So wie an der Bildung junger Menschen arbeiten die Hochschulen ebenso an der gesellschaftlichen Teilhabe Aller auch in höherem Alter. Dazu gehören nicht nur das Allgemeine Vorlesungswesen, die Möglichkeit des Kontaktstudiums und der Weiterbildung, sondern auch Forschung zur Agilität in der Bewegungswissenschaft, zu Assistenzsystemen in der Informatik und zu den sozialen und kulturellen Bedingungen von Teilhabe in den Sozialwissenschaften.

Stadtentwicklung und Wohnungsbau:
Wohnungsnot und horrende Mieten sind ein zentrales Problem in Hamburg. An den Hochschulen studieren und lehren nicht nur Ingenieure und Architekten, die verbesserte und günstigere Verfahren z.B. für Wärmedämmung entwickeln, sondern hier wird auch zur Stadtentwicklung geforscht, um z.B. Erkenntnisse aus anderen europäischen Großstädten für eine soziale Wohnungspolitik zu gewinnen.

Frieden und zivile Entwicklung:
Einen besonderen Schwerpunkt hat die Universität in der Friedenswissenschaft mit dem Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH), dem Carl Friedrich von Weizsäcker-Zentrum für Naturwissenschaft und Friedensforschung (ZNF), einem entsprechenden Master-Studiengang, dem „Peacebuilding“-Curriculum und regelmäßigen Blockseminaren in der „Friedenssommeruni“. Angesichts der aktuellen Eskalation militärischer Auseinandersetzungen in der ganzen Welt ist die Forschung zu ziviler Konfliktregulierung und zur Konversion atomarer Waffen von unverzichtbarer Bedeutung. Mit der Fächervielfalt, insbesondere in der Geisteswissenschaft, aber auch der Akademie der Weltreligionen leistet die Uni zudem alltäglich einen Beitrag zur Völkerverständigung.

Klimawandel und nachhaltige Entwicklung:
An der Universität ist ein „Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit“ eingerichtet, zu welchem einer der weltweit größten Klimarechner gehört. Hier werden Bedingungen, Konsequenzen und Veränderbarkeit des Klimawandels erforscht. Gearbeitet wird auch zu Möglichkeiten, Naturereignisse frühzeitig zu erkennen und dazu, welche sozialen und kommunikativen Voraussetzungen geschaffen werden müssen, damit aus Ereignissen keine Katastrophen werden. Darüber hinaus ist das Kompetenzzentrum nachhaltige Universität (KNU) eingerichtet, in dem strategische Entwicklungsperspektiven erarbeitet werden.

Diese wissenschaftlichen Beiträge zu einer menschenwürdigen Gesellschaft sind gefährdet, wenn eine auferlegte Strategie von den Hochschulen eine Kommerzialisierung verlangt, wenn demokratische Prozesse zur Entwicklung der Wissenschaft behindert werden, wenn keine Gebäude vorhanden sind, in denen gearbeitet werden kann, wenn das Studium auf Pauken statt Lernen gerichtet sein soll und wenn an allen Enden das Geld fehlt. Wir wollen für eine gesellschaftlich verantwortungsvolle Wissenschaft jedoch nicht einfach nur mehr Geld, deshalb engagieren wir uns im heißen Herbst:

  • Für die Autonomie der Hochschulen, die zwischen diesen und dem Senat auf einer kooperativen Verständigung auf gleicher Augenhöhe, gegenseitiger Wertschätzung und Redlichkeit beruht.
  • Für die Demokratisierung mit entscheidungsbefugten Gremien auf allen Ebenen der Hochschulen und demokratisch gewählte Leitungsfunktionen.
  • Für die bedarfsgerechte Sanierung der Unigebäude und die sofortige Umsetzung der angekündigten Neubauten.
  • Für die volle Wiederherstellung der ehemaligen Förderung des Studierendenwerks.
  • Für eine bedarfsdeckende öffentliche Finanzierung der Hochschulen, um unter anderem:
    • die Studienplätze für Bachelor und Master zu erhöhen bei zeitgleicher Erhöhung des Personals, für bspw. kleinere Seminargrößen, und den Ausbau des Hochschulzugangs ohne Abitur,
    • den 1:1 Bachelor/Master-Übergang ohne Selektion zu realisieren,
    • die Fächervielfalt der Universität zu erhalten und weiterzuentwickeln,
    • die Arbeitsbedingungen zu verbessern, durch u.a. die Ausfinanzierung von Entfristungen, gesteigerte Entlohnung und nicht prekären Beschäftigungsverhältnissen („Code of Conduct“)
    • die Rückkehr zum Lehrdeputat von 8 SWS für Professor*Innen zu ermöglichen, damit die notwendige Zeit für Forschung und einen kooperativen Austausch zwischen Lehrenden und mit Studierenden bleibt.
Veröffentlicht am Donnerstag, den 23. Oktober 2014, http://www.harte--zeiten.de/dokument_1265.html