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,,Vertrauen Sie Ihrem Bürgermeister!“
Oder: ,,Ja“ zur Re-Kommunalisierung der Netze

,,Die 25-Prozent-Lösung des Bürgermeisters haben wir als politstrategischen Kompromiss akzeptiert. Die Wirtschaft kann damit gut leben.“

Fritz-Horst Merlsheimer, Präses der Handelskammer Hamburg, Hamburger Abendblatt, 14.9.2013.

,,Es gibt einen einfachen Weg, um auch in so komplizierten Frage wie dem Netzrückkauf die richtige Entscheidung zu treffen: Informieren Sie sich. Und vertrauen sie im Zweifelsfall dem Rat ihres Bürgermeisters.“

Olaf Scholz im Interview mit Spiegel-Online, 16.9.2013.

,,Habe den Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen.“

Immanuel Kant, ,,Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“, 1784.

Am 22. September wird zum Bundestag gewählt und per Volksentscheid in Hamburg auch darüber entschieden, ob die Hansestadt die Netze für Strom, Erdgas und Fernwärme komplett von den Konzernen E.on und Vattenfall zurückkaufen und (wieder) selbst betreiben soll. Bis zur Privatisierungswelle der 1990er Jahre war Energieversorgung selbstverständlicher Teil der öffentlichen Daseinsfürsorge und hat gut funktioniert. Durch die Initiative ,,Unser Hamburg - Unser Netz“ ist jetzt erneut eine Richtungsfrage der Gesellschaftsentwicklung aufgeworfen:

Soll der Kurs der Privatisierung, der nicht nur die Energieversorgung, sondern ebenso Mobilität, Telekommunikation, Krankenhäuser und Bildungssystem profitorientiert deformiert hat, fortgesetzt werden? Oder erlangt die Bevölkerung staatliche und damit tendenziell demokratische Verfügung über die Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse zurück?

Da die Privatisierungswelle global zu einem Desaster geführt hat und zudem soziale Bewegungen für eine Rekonstruktion sozialer Errungenschaften kämpfen und damit Druck auf die permanent krisenhafte, zerstörende Privatwirtschaft entfalten, ist die Hamburger Kapitalvertretung ,,Handelskammer“ mit dem Kompromiß, den der SPD-Senat ihr bietet, einverstanden: 25,1 % der Netze in staatlicher Hand, dienen der Ablenkung. Unverblümt äußert Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Geschäftsführer der Handelskammer, mit dieser Marginalie sei ,,den Befürwortern eines Komplettrückkaufs die "Illusion zu geben", es könne damit Einfluss auf die Energieproduktion geben. "Es sind 543 Millionen Euro für eine Illusion ausgegeben worden".“ (HA, 28.8.2013)

Tatsächlich gewährleistet nur eine volle Re-Kommunalisierung des Energienetzes den staatliche und damit demokratisch kontrollierbaren Einfluß auf die Entwicklung dieses Teils der Energieversorgung. Es geht um den ersten Schritt dahin, die Energieversorgung, also künftig auch die großen

Produktionsstätten, in demokratische Kontrolle zu bekommen. Da die Abwendung von Atomenergie und fossilier Energiegewinnung hin zu regenerativer Energie ebenfalls gegen das Profitinteresse der vier großen europäischen Energiekonzerne durchgesetzt werden muß, sind die Energienetze ein unbedingt erforderliches politisches Lenkungsmittel.

Lächerlich ist hingegen, wie Politik mit der Angst vor Schulden gemacht wird: 2 Mrd. Euro koste angeblich der Erwerb des Energienetzes. Mal abgesehen davon, daß diese Zahlen frei spekuliert und 543 Mio. Euro schon bezahlt sind, werden für Banken, die Elbphilharmonie, die Bundeswehr etc. Unsummen ,,systemstabilisierend“ pulverisiert. Außerdem ist die Konsequenz eines ,,Ja“ zum Rückkauf nicht, daß dieser aus Hamburger Haushaltsmitteln auf Kosten anderer sozialer Leistung realisiert wird, sondern bei niedrigen Zinsen kreditfinanziert und mit erheblichen Einnahmemöglichkeiten für den Staat. Die erheblichen Gewinne, die derzeit an Aktionäre ausgeschüttet werden, könnten sowohl in Infrastruktur, Arbeitsplätze und Energiewende als auch in eine Senkung der Strompreise fließen. Schließlich kämpfen die privaten Konzerne um dieses Geschäft, weil es profitabel und ,,zukunftssicher“ ist.

Gegen die 100prozentige Verstaatlichung dieser Grundversorgung zu sein, hat mit einer Rekonstruktion von demokratischer Sozialstaatlichkeit nichts zu tun. Es kommt also darauf an, diese Angelegenheit kollektiv selbst in die Hand zu nehmen und dran zu bleiben: Mit einem ,,Ja“ zum Netzkauf wird ein neuer Anfang gemacht: Sozialer Fortschritt ist praktizierte Aufklärung.

V.i.S.d.P.: Golnar Sepehrnia, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Dienstag, den 17. September 2013, http://www.harte--zeiten.de/artikel_1215.html