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Bildung - Wissenschaft - Kunst
Verständigung fürs Leben

,,Es ist ein großes Problem, dass die Musikhochschulen weltweit heute nur noch stark spezialisiertes Wissen
vermitteln. Ein anderes Problem ist der mangelhafte Musikunterricht in den Schulen. Früher war die Musik ein Teil der Erziehung des Menschen. Das ist sie heute nicht mehr. Und wir dürfen uns keinen Illusionen hingeben: Ab etwa 2050 wird die Musik in unserer Gesellschaft kaum noch eine Rolle spielen.“

Daniel Barenboim, ,,Und die Welt versinkt“, Interview mit der FAZ, 15.11.2012.

Was der nunmehr 70-jährige Pianist, Dirigent, Pädagoge und Vermittler Daniel Barenboim hier für die Musik formuliert, gilt eigentlich für alle Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen problematisch. Wäre der Musiker aber, der im Übrigen als Israeli eine palästinensische ,,Ehrenstaatsbürgerschaft“ hat, ernsthaft fatalistisch, würde er nicht fordern: ,,Die musikalische Erziehung muss radikal geändert werden“, damit Musik nicht für die meisten Menschen ,,außerhalb ihres Lebens“, ,,ein Ornament“ bliebe. Der gesellschaftlichen Skepsis setzt der Musiker darum entgegen: ,,Liszt erwartete von den jungen Leuten, die zu ihm kamen, dass sie durch das Studium der Musik zu besseren Menschen würden. Sie sollten nicht nur Klavier spielen, sie sollten denken lernen und sich vervollkommnen in ihrem Mensch-Sein. Das ist das Ideal. Wir sollten alle danach streben, das zu erreichen.“ Konsequent organisiert er mit einem arabisch-israelischen Orchester und einer neuen Orchesterakademie Völkerverständigung für eine friedliche, kooperative Entwicklung des Nahen-Ostens und polemisiert: ,,Es ist auch alles andere als Luxus, wenn man sich weigert, die dumme Politik von Herrn Netanjahu zu unterstützen (...)“, woraus er die Konsequenz zieht: ,,Und ich möchte alles, was ich das Glück hatte zu lernen von meinen Lehrern, von meinen Eltern, weitergeben an die jungen Israelis und Araber. Das »Divan«-Orchester soll immer ein Teil der Gesellschaft sein, für die es spielt.“

Bildung, Wissenschaft, Künste schaffen internationale Begegnung und Verständigung. Die Destruktivität von prestigesüchtiger, leistungsbornierter Dekadenz wird daran deutlich. Für die halbe Milliarde Euro, die die Elbphilharmonie bisher verschlungen hat, hätte vermutlich auf Jahre jedes Hamburger Schulkind musikalische Bildung bekommen können. Die Haushaltsrestriktion (,,Schuldenbremse“) mit der Ankündigung sinkender Ausgaben wirkt entsprechend auch nicht für eine gesellschaftliche Zivilisierung, sondern verschärft nur die auch hier drohende ökonomische Rezession. Folglich kann nur eine Abkehr von der politischen (Ge-)Fallsucht vor den Banken Verbesserung für die Mehrheit bringen.

Drum sollten sich alle auf die Beine machen, an dieser humanen Wendung mitzuarbeiten. Sozialer Fortschritt, produktive Zusammenarbeit und Frieden bilden eine Einheit, die durch Solidarität ,,von Unten“ verwirklicht wird. Der Optimismus wächst mit den humanen Ansprüchen und dem gemeinsamen Engagement, sie zu verwirklichen.

V.i.S.d.P.: Golnar Sepehrnia, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Freitag, den 16. November 2012, http://www.harte--zeiten.de/artikel_1142.html