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Schuldenangst ist nicht vernünftig
,,Seit Jahren haben angeblich ernsthafte Leute grässliche Warnungen vor den Folgen großer Haushaltsdefizite ausgerufen - vor Defiziten, die überwiegend Ergebnis unserer fortschreitenden Wirtschaftskrise sind. (...) Doch etwas komisches passierte auf dem Weg in die prognostizierte Finanzkrise: anstatt anzusteigen, sind die Kosten des amerikanischen Schuldendienstes auf einen historischen Tiefstand gesunken. Und das ist nicht nur in Amerika so. In diesem Moment ist jedes fortgeschrittene Land, das Kredite in seiner eigenen Währung führt, in der Lage, sich sehr preisgünstig zu Verschulden. (...) Das einzige was man begreifen muss ist, dass es die richtige Zeit für Investitionen ist, wenn Geld billig ist. Und beides, Investitionen in Bildung und Infrastruktur, sind Investitionen in Amerikas Zukunft.“
Paul Krugman (Ökonom, Princeton/USA): Money for Nothing, New York Times, 26.7.2012.
Weltweit propagieren ,,pragmatische“ Politiker und neoliberale Rechte, daß die Staatsverschuldung eine überwältigende Katastrophe über Land und Leute brächte. Populistisch wird an die für alle verstehbare Angst vor dem Gerichtsvollzieher appelliert. Daß der Staat durch progressive Steuerpolitik, Anleihen, Notenbank und öffentliches Vermögen ganz andere Möglichkeiten der Geldbeschaffung hat als Klein-Erna, wird dabei wahrheitsbeugend verschwiegen. Deshalb gilt die ,,Schuldenbremse“ zurzeit noch als populäres Mittel, die vermeintliche Gefahr eines Staatsbankrotts abzuwenden.
Klügere Ökonomen, wie der US-amerikanische Nobelpreisträger Krugman, kämpfen gegen diese Panikmache an. Denn Schulden für staatliche Investitionen in Arbeit, Infrastruktur, Bildung, Soziales und Kultur stärken die Nachfrage, erhöhen damit das Steueraufkommen und bilden somit einen Gegeneffekt zur ökonomischen Depression. Sie erhöhen außerdem die Lebensqualität aller Bürgerinnen und Bürger.
Krugman weist nun darauf hin, daß sowohl die massive, schuldenfinanzierte Investitionspolitik der US-Regierung als auch das Gelddrucken der US-amerikanischen Notenbank nicht zu der herbeigeschrienen Pleite und nicht zur Inflation geführt haben, sondern einzig damit der Massenverelendung entgegengesteuert werden konnte. Daß dies für eine echte Trendwende noch nicht reicht, liegt insbesondere an der rechten Gegenwehr gegen rationale Einsichten. In Europa ist dafür die Bundesregierung bekannt. Diese wendet sich weiterhin gegen eine europäische Lösung für die Wirtschaftskrise.
Die könnte so aussehen: ein soziales Investitionsprogramm, kräftige Gewinn- und Vermögensbesteuerung samt umfassender Finanzmarktregulierung. Außerdem sollten Staatschulden abgeschrieben werden: Die privaten Gläubiger der Staaten würden für ihre Anleihen nur noch deren Börsenwert erhalten, der inzwischen meist weit unter dem früheren Kaufwert liegt, anstatt dauernd ihre Spekulationsverluste aus Steuergeldern ausgeglichen zu bekommen. Pleite-Banken würden nicht mehr gerettet, sondern nur die Einlagen der kleinen Sparer und Versicherten staatlich garantiert.
Je weniger Euro zu Profit für die Minderheit werden, desto mehr gewinnt die große Mehrheit.
,,Das heißt: Auch Du solltest Keynesianer sein. Die Erfahrung der letzten Jahre, vor allem das spektakuläre Versagen der europäischen Spar-Politik, ist eine dramatische Demonstration für Keynes zentrale These gewesen: Ausgabensenkung in einer Wirtschaftskrise drückt diese Wirtschaft weiter herunter.“ (Krugman, a.a.O.)
In diesem Sinne braucht auch Hamburgs Politik geistreiche Lehrer und Lehrerinnen.