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Lügen schaffen keine Arbeit
,,Und noch etwas macht ein wenig bedenklich
Über den Zweck der Propaganda: je mehr
Es in unserem Land Propaganda gibt
Desto weniger gibt es sonst.“
Bertolt Brecht, Notwendigkeit der Propaganda, Svendborger Gedichte, 1939.
Rund um den 1. Mai jubelten Politiker, sogenannte Wirtschaftsweise und Massenmedien, die Zahl der Erwerbslosen in Deutschland sei unter 3 Millionen gesunken. Das sei ein Rekordtief.
Gleichzeitig aber gab die UNO-Unterorganisation für Arbeit (International Labor Organisation - ILO) ihren Weltarbeitsbericht heraus. Ihr Sprecher, Raymond Torres, kritisierte die europäische und besonders die deutsche Kürzungspolitik scharf: ,,Ein reiner Sparkurs wird die Jobkrise in Europa weiter verschärfen. Er könnte sogar zu einer neuen Rezession in Europa führen.“ Seit 2010 sei in zwei Dritteln der Euro-Länder die Erwerbslosigkeit kontinuierlich gestiegen.
Die kritischen Wirtschaftswissenschaftler der deutschen ,,Memorandum-Gruppe“ geben als Ursache hierfür an, daß die aggressive Wirtschaftspolitik der BRD seit Einführung des Euro mit einer scharfen Niedriglohnpolitik im Inland die deutschen Exportüberschüsse immer weiter gewinnträchtig steigert und damit die europäischen Nachbarn systematisch zu ruinieren droht: ,,Die Staaten mit Importüberschüssen müssen sich immer stärker bei den Exportüberschussländern verschulden. Im Jahr 2010 betrugen allein die Nettoforderungen der deutschen Banken gegenüber dem Ausland (Banken und Nichtbanken) 960 Milliarden Euro.“ (MEMORANDUM 2012)
Damit korrespondiert, daß zwar formal die Erwerbslosenzahlen in der BRD gesunken sind, allerdings jeder fünfte Arbeitnehmer hierzulande unter 8,50 Euro die Stunde und eine Millionen Lohnabhängige sogar unter 5 Euro die Stunde erhalten. Auch sei die Anzahl an Vollzeitarbeitsplätzen von 2000 bis 2011 um 7 Prozent gesunken und mindestens 1,4 Millionen Menschen müssen ihren Lohn mit Hartz IV aufstocken.
Es läßt sich also feststellen, daß weiterhin niemand in Europa außer den Banken, insbesondere den deutschen, ,,gestärkt aus der Krise hervor“geht, wie Kanzlerin Merkel national und populistisch versprach.
Die Massenerwerbslosigkeit ist als permanente sozio-kulturelle Bedrohung der Bevölkerung ein Übel, das dringend überwunden werden muß. Das avisierte Programm des neuen sozialdemokratischen Präsidenten Frankreichs, François Hollande, das Renteneintrittsalter wieder auf 60 Jahre zu senken und mit einer erheblichen Reichtumsbesteuerung umfassende Programme für Arbeit und Bildung zu starten, sollte auch hierzulande als sinnvolle Orientierung und wahrhafte Alternative zur ,,Schuldenbremse“ erkannt werden.
Dazu gehört außerdem: Die Senkung der Arbeitszeit bei gleichzeitiger Lohnerhöhung, die Stärkung betrieblicher Mitbestimmung, die Ausweitung öffentlicher Beschäftigung insbesondere durch die Rückführung privatisierter Betriebe und Betriebsteile in die öffentliche Hand und solidarische Kämpfe für Arbeit, in deren Mittelpunkt das allgemeine Wohl und nicht der Profit Weniger steht.
So ist jetzt nicht zuletzt eine kritische Konversion der Wirtschaftswissenschaften auf der hochschulpolitischen Tagesordnung.