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Ist pragmatisch wirklich menschlich?

,,Auch im Jahr 2030 wird die Zukunft der Menschheit in den Städten entschieden. Wenn wir es klug anstellen, dann wird Hamburg bis dahin in einer Liga spielen mit jenen Metropolen, die vielleicht nicht an Größe, aber an Wirtschaftskraft, Kreativität und kultureller Relevanz weltweit in einem Atemzug genannt werden. Ob San Francisco oder Sydney, Barcelona oder Johannesburg, Tel Aviv, São Paulo, St. Petersburg oder Shanghai - welche Städte es genau sein werden, wissen wir heute nicht. Aber Hamburg hat alle Chancen, dabei zu sein.“

Olaf Scholz: ,,HSV und St. Pauli spielen um die Meisterschaft“, Hamburger Abendblatt 3.1.2012.

Die sogenannte freie Marktwirtschaft könnte in Hamburg so schön werden ...

Das Gutgemeinte in der Vision des Ersten Bürgermeisters für ,,Hamburg 2030“: Genügend bezahlbare Wohnungen, ebenso Kitaplätze, würdige Altenpflege, Arbeitsplätze. Zudem beleben zu große Schulklassen morgens die Elbphilharmonie, Musicaltheater gedeihen harmonisch mit engagierter Kleinkunst und die Hamburger Hochschulen sind ganz ,,exzellent“. Das sei ,,pragmatisch ermutigend“. ,,Standortpolitik“ und ein ,,gutes Leben“ für alle?

Vor entscheidenden Tatsachen werden somit feste die Augen zugedrückt. Das betriebswirtschaftliche Rattenrennen, in dem Hamburg zehn Jahre lang zu einem Unternehmen getrimmt werden sollte, hat nicht nur soziale und kulturelle Errungenschaften geschliffen und Schuldächer bzw. Verkehrswege erodiert, sondern auch Hektik, Reibereien sowie ,,Glanz & Elend“ bis zum mehrheitlich klar artikulierten Überdruß gebracht.

Schwarz-Grün mußte darum gehen. Im übrigen legen die Hamburgerinnen und Hamburger mehrheitlich auch keinen Wert auf Spitzenplätze in der Weltkonkurrenz. (,,In nationalen wie internationalen Bildungstests schneiden Hamburger Schülerinnen und Schüler aufgrund kleiner Klassen und erstklassiger Lehrer schon seit Jahren im Spitzenbereich ab.“ a.a.O)

Vielmehr geht es hier und überall um ein solidarisches, ernsthaft demokratisches, kulturell anregendes und nicht zuletzt friedliches Leben aller.

Dafür müssen aber die Verheerungen neoliberaler Politik ernsthaft überwunden werden: Z.B. Studiengebühren sind schneller abschaffbar, das Ba/Ma-Elend muß durch eine wissenschaftliche und demokratische Studienreform überwunden werden und sozial verantwortliche Wissenschaft ist zu fördern. Für all dies sind solide staatlich finanzierte und demokratisierte Hochschulen unerläßlich. Das Engagement dafür schließt eine solidarische Perspektive für jede Kita oder Schule, jedes Theater oder Museum in der Stadt mit ein.

,,Wettbewerbsfähigkeit“, ,,Sparen“, Schuldendienst bei Großbanken bis zum Abwinken und Kniebeugen vor der Handelskammer sind folglich nicht die erforderliche politische Wende. Bängliche Gewinnfreundlichkeit ist ,,pragmatisch“, aber nicht humanistisch.

Auf die Einheit der Menschheit kommt es an. Sie ist als produktive Entwicklung von Arbeit, Sozialem, Bildung und Kultur - von allen und für alle - voranzutreiben.

,,Und Sozialismus ist nichts anderes als der pflichtmäßige Entschluß, den Kopf nicht vor den dringendsten Anforderungen der Materie, des gesellschaftlichen, kollektiven Lebens in den Sand der metaphysischen Dinge zu stecken, sondern sich auf die Seite derer zu schlagen, die der Erde einen Sinn geben wollen, einen Menschensinn.“

(Thomas Mann, Maß und Wert, 1937.)

So bekommen Reformen einen positiven Klang und Bedeutung.

V.i.S.d.P.: Golnar Sepehrnia, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Montag, den 9. Januar 2012, http://www.harte--zeiten.de/artikel_1090.html