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Es geht voran
,,Daß ich etwas, ehe ich es glaube, erst durch meine Vernunft laufen lasse, ist mir nicht ein Haar wunderbarer, als daß ich erst etwas im Vorhof meiner Kehle kaue, ehe ich es hinunterschlucke. Es ist sonderbar, so etwas zu sagen, und für unsere Zeiten zu hell, aber ich fürchte, es ist für zweihundert Jahr, von hier ab gerechnet, zu dunkel.“
Georg Christoph Lichtenberg, ,,Einfälle und Bemerkung“, [762], Heft F, 1776-1779.
Jüngst besuchte Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt den Akademischen Senat (AS), um die Forderungen des Kampfes um die Zukunft zu diskutieren: Angesichts der globalen und der universitären Krise will die Hochschule verstärkt für eine menschenwürdige, ökologisch nachhaltige und friedliche Lösung gesellschaftlicher Probleme arbeiten. Dafür sind aber die Überwindung neoliberaler Zumutungen (nicht zuletzt Top-Down-Management und zerhackte Ba/Ma-Studien) als auch eine bedarfsgerechte öffentliche Finanzierung nötig.
Die Senatorin bestritt dies nicht. Sie verspricht ein neues Hamburgisches Hochschulgesetz (HmbHG) für eine Demokratisierung bis Ende 2012. Auch größerer Wissenschaftlichkeit des Studiums ist sie zugeneigt. Aber weder eine Konzeption für die erweiterte zivilisierende Bedeutung von Bildung und Wissenschaft noch für die zügige Lösung der drängenden Probleme der Hochschule war daraus abzulesen. Allein: Die mit dem Präsidium vereinbarte ,,Planungssicherheit“ sei ein großer Schritt nach vorn.
Präsidium und Senat hatten Ende Oktober verabredet, einmalig den Uni-Etat von 242 Mio. Euro auf 280 Mio. Euro (in 2013) ,,anzuheben“. In Wirklichkeit sollen lediglich Mittel, die bisher aus anderen Quellen der Universität zugeflossen sind (Studiengebühren, Investitionsmittel, Tarifsteigerung), künftig direkt in der staatlichen Zuweisung an die Uni auftauchen. Bis 2020 würde der Haushalt dann - unterhalb der durchschnittlichen Preissteigerung - nur noch um jährlich 0,88 % angehoben werden. Bei wachsenden Aufgaben erhielte die Universität demnach also nicht mehr, aber immerhin weniger Mittel weniger als angedroht.
Aufgrund der ,,Schuldenbremse“, so die Senatorin, sei leider mehr nicht möglich. Zwar gäbe es eine erhebliche Diskrepanz zwischen privatem Reichtum und öffentlicher Armut in der Stadt; dieser sei aber nur über Bundesgesetze steuerlich beizukommen, die erst mit der nächsten Bundestagswahl zu erreichen seien. Dies wurde aus dem AS und der Hochschulöffentlichkeit in Frage gestellt: So zeigt beispielsweise die breite Akzeptanz einer Finanztransaktionssteuer aufgrund wachsender sozialer Bewegungen, daß eine Umkehr zugunsten des Ausbaus sozialer und kultureller Errungenschaften unausweichlich ist. Durch gemeinsame Kämpfe ist dieser Prozeß erheblich zu beschleunigen. Scharf kritisiert wurde die Fortsetzung des Mangels an den Hochschulen, der eine unproduktive und bedrückende Konkurrenz (in Forschung, Studium und bei der Zulassung) schürt, wo eigentlich humane Produktivität dominieren müßte. Hervorgehoben wurde, daß Bildung und Wissenschaft besonderer Förderung bedürfen, damit sie Motor kritischer Erkenntnis für die grundlegende Überwindung der weltweiten Krise sind. Daß die ,,Schuldenbremse“ dagegen von eben jenen Politikern als ,,Sachzwang“ dargestellt wird, die sie vor knapp drei Jahren erst selbst ins Grundgesetz stimmten, ist schlicht selbst verschuldet.
Auswertend stellte der AS fest, daß die Senatorin sich um ein gutes Verhältnis zur Uni bemüht. Eindeutig wurde mit dem gemeinsamen Eingreifen ein leicht verbessertes Niveau der Hochschulfinanzen und eine Gesprächsbereitschaft erreicht, die nun als Grundlage weiteren solidarischen Engagements für verantwortungsbewußte Wissenschaft und Bildung in demokratischen und sozial offenen Hochschulen gelten können. Unverdrossen will der AS deshalb den Kampf um die Zukunft fortsetzen: Gespräche mit anderen Senatoren und mit Abgeordneten sollen gesucht werden. Zur weiteren universitären Positionsbildung wird eine Stellungnahme zur Hochschulvereinbarung erarbeitet.
Die Ansprüche wachsen.