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Über Geld, Wissenschaft und Welt
Demokratische Mitbestimmung an den Hochschulen sei ein "Rückfall in hochschulpolitische Irrtümer" (DIE WELT am 26.3.2001) vergangener Zeiten. Möglicherweise hat auch Dir eine nette Kommilitonin eines der WELT-Werbegeschenke aufgedrückt, mit denen der Springerverlag und ähnliche Unternehmen massenhaft ihre (hochschul-)politischen Botschaften zuckersüß und schillernd verpackt bei Semesterbeginn zu untermauern pflegen. Der Konsument greift zu, dankt eventuell, bleibt wohl nur selten dem Spender deshalb zugewandt - der Campus aber ist Jahrmarkt. Es wird präsentiert und gekauft, geboten, gegrinst, gehandelt, gegrabscht, gedrängelt, gedient.
Was ist die Uni?
Die Uni ist die Einrichtung, die laut WELT mit privaten Hochschulen konkurriert und deshalb ein hierarchisches Firmen-, Pardon, Universitätsmanagement braucht. Wo demokratische Mitbestimmung durch Studierende, Angestellte und HochschullehrerInnen über die Inhalte und Organisation ihrer Tätigkeit als Standortnachteil gilt. Wo Forscherinnen und Forscher um Geld für ihre Wissenschaft konkurrieren sollen. Wo Studierende nur dafür ausschlaggebend sind, ob sich die Hochschule in Rankings und auf dem 'Wissenschaftsmarkt' behaupten kann.
Deshalb ist die Uni der Präsident - meint derselbe und betreibt die Abwicklung der Mitbestimmungsgremien. Er erfüllt damit die Wünsche so uneigennütziger Einrichtungen wie der Handelskammer, der Bertelsmannstiftung oder des Software-Unternehmens SAP, die Interesse an der unmittelbaren Verwertung profitabler Forschungsergebnisse und der Ausbildung mehrerer Generationen semi-wissenschaftlich qualifizierter Arbeitnehmer für kurzlebige Boom-Branchen haben. Wer ist da die Uni? Armer Präsident! Auch das Gottesgnadentum nahm ein abruptes Ende.
Die Uni ist der Ort an dem Lehrende und Lernende sich in Kooperation auf wissenschaftlicher Grundlage den Problemen menschlichen Lebens und gesellschaftlicher Entwicklung stellen und zu ihrer Lösung beitragen können. Sie ist der Ort, an dem die Basis geschaffen wird, diese Welt allen Menschen nutzbar zu machen, ohne sie zu zerstören. Aber sie ist es nur dann, wenn wir sie so gestalten.
Die von der WELT so geschmähten Einrichtungen demokratischer Entscheidungsfindung über Aufgaben von Bildung und Wissenschaft, deren praktische Organisation
und inhaltliche Gestaltung sind deshalb notwendiger Bestandteil universitären Lebens. Nur wer
sich mit den Bedingungen und Zielen seines Studiums auseinandersetzt und sich davon ausgehend in die hochschul- und wissenschaftspolitische Diskussion begibt, kann sein universitäres Tun gestaltend mitbestimmen und muss nicht dauernd steigenden Anforderungen hinterher hechten, muss nicht Wissen konsumieren wie schlechte Kinowerbung.