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Politically correct - mit Profit?

„Ich habe damals für meine erste Platte eine Million Euro von der Plattenfirma bekommen. Und das Geld habe ich fast komplett in den Bau einer Solaranlage in Niederbayern investiert. [...] Davon profitiere ich immer noch. Es gibt in Deutschland viele Haushalte die Küblböck-Ökostrom beziehen. Ich kriege jeden Monat einen großen Betrag auf mein Konto überwiesen. Der Stromkonzern, der meinen Strom an den Kunden bringt, will mir mein Solarwerk mittlerweile abkaufen. Aber ich lasse die noch zappeln. Ich will noch in anderen Bereichen ein paar Millionen verdienen, auch wenn ich eigentlich ausgesorgt habe.“
Daniel Küblböck, Ex-Kandidat bei Deutschland sucht den Superstar, in der Berliner Zeitung, 2. April 2011.

„Winfried Kretschmann hat das Land schon verändert. Der Wahlsieg der Grünen zeigt: Die Menschen vertrauen darauf, dass wir das Wirtschaften ökologisieren - mit Profit.“
Claudia Roth, Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, „Wir haben aus Hamburg gelernt“, Interview im Hamburger Abendblatt, 2. April 2011.

Würde? Demokratie?

Ach, I wo. Die Menschen wollen dasselbe wie bisher, nur in Grün, meint Frau Roth.

Eines der Mittel, mit denen der Kapitalismus sein Leben verlängert, ist die organisierte Vergeudung. Sie besteht - neben der Rüstung und der Reklame - im massenmedialen Lob der sogenannten Selbstverwirklichung, die nichts weiter ist als Selbstvermarktung.

Daniel Küblböck, verblaßtes Starlet im Universum des Privatfernsehens, hat sich maximal selbst erniedrigt und mit der Gage nun zum ‚moralischen‘ Millionär gemausert.

Abgesehen davon, daß sich dieses Rezept nicht nachkochen ließe, ist diese RTL-Suggestion spleenigen Glücks ziemlich artig.

Nichtsdestotrotz erheben „Die Grünen“ auf der Welle wahlpolitischer Konjunktur dergleichen zum verallgemeinerbaren politischen Konzept: Moralisieren - mit Profit. Damit soll die gesellschaftliche Tatsache unter den Flokati gekehrt werden, daß die Mehrung von privatwirtschaftlichen Gewinnen, die (je höher, desto massiver) spekulativ und militärisch umgesetzt werden, die wesentliche Ursache der andauernden Krise der menschlichen Gesellschaft ist.

Die vorgebliche Anti-Staats- und Anti-Parteien-Partei erfüllt also systemstabilisierende Funktion. Schulreform nur mit Volkes Stimme, Migration als Konkurrenzvorteil, keine Chemikalien im eigenen Zucchini-Beet und Ökostrom aus der eigenen Steckdose - so kann man sich zwar ein alternatives Image attestieren (lassen), aber eine Alternative zum Bestehenden ist dies mitnichten.

„Ist der Profit erst einmal als Motor der wirtschaftlichen Entwicklung akzeptiert, so werden alle Probleme der Gesellschaft in ›verwaltungsmäßigen‹ oder ›technischen‹ Begriffen definiert, das heißt: neutralisiert; die von den Erfordernissen der Technik und Verwaltung diktierten Entscheidungen sind nicht Ausdruck politischer Demokratie, sondern der geplanten Entpolitisierung gesellschaftlicher Konflikte.“ Lelio Basso, der italienische Politiker und Soziologe, charakterisierte damit 1966 die sogenannte Neue Linke in Europa, aus der „Die Grünen“ hervorgegangen sind.

Menschenwürde braucht ein soziales Programm und solidarische Praxis in bewußter Gegnerschaft zu den privaten Monopolen.

Dadurch wird Demokratie real.

V.i.S.d.P.: Golnar Sepehrnia, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Montag, den 4. April 2011, http://www.harte--zeiten.de/artikel_1030.html