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Mit der Moral von Mördern
,,Man kommt als Herren in ein Land, aber Herren lernen nicht viel, und immer nur oberflächlich.“
Heinrich Mann, ,,Kolonial-Ausstellung“, in: Das öffentliche Leben, 2001.
Die Souveränität einer Bevölkerung (Demokratie), läßt sich nicht durch Bomben herstellen.
Das ist auch in Libyen nicht beabsichtigt. Libyen hat die größten Ölreserven Afrikas.
Die NATO-Welt ist offenbar beunruhigt, daß die Revoltierenden die Rohstoff- und Handels-Region um Benghasi wieder an den ungeliebten Herrscher Ghaddafi verlieren.
Diesem hatte die Bundesrepublik Deutschland allein von 2005 bis 2009 Waffen im Wert von 83 Millionen Euro geliefert. Keines der großen europäischen Länder stand ihr darin nach. Mit der Grenzagentur FRONTEX hat die EU permanent ein Millionengeschäft mit Ghaddafis Clan gemacht, um sich unerwünschte afrikanische Flüchtlinge so vom Leib halten zu lassen. Diese Annäherung des ehemals antiimperialistisch orientierten Libyens an die EU begann, als Libyen 2003 in eine Wirtschaftskrise geriet und die USA den Irak in Schutt und Asche legten.
Ghaddafis Regierung wollte damit einen solchen Krieg vermeiden.
Aber die selbsterkorenen Herren der Welt sind mit Ghaddafis Zugeständnissen nicht zufrieden. Sie wollen eine vollständig hörige Regierung. Insbesondere Frankreich und Großbritannien setzen nun auf einen militärischen ,,Regime-Change“.
Kein Land, in dem sich der Westen angemaßt hat, eine Regierung militärisch zu beseitigen, hat nun Demokratie, Frieden und sozialen Fortschritt. Jugoslawien existiert nicht mehr. Afghanistan wird fortgesetzt blutig traktiert. Der Irak ist zerstörtes Land.
Libyen ist es noch nicht. Das Land hat beispielsweise mit 75 Jahren die höchste durchschnittliche Lebenserwartung eines afrikanischen Landes. Auch die meisten islamisch geprägten Länder erreichen dieses Niveau nicht (Afghanistan 45 Jahre, Irak 66 Jahre, Saudi-Arabien 73 Jahre). Die Errungenschaften der sozialen Revolution von 1969 sind trotzt Embargos, Sanktionen und US-Bombenangriffen in den 1980er Jahren nicht völlig verschütt gegangen.
Die Flugverbotszone nun militärisch durchzusetzen heißt, mit Bombardierungen der Flughäfen, Radaranlagen und Stromversorger sowie der Luftschutzstellungen die Infrastruktur des Landes zu zerstören und die Zivilbevölkerung zu terrorisieren. Französisches und britisches Militär hat nun den Krieg eröffnet, der nicht zum vierten NATO-Krieg werden sollte.
Die Einfallslosigkeit der Herrschenden ist nicht zu überbieten. Ganz offenkundig geht es in dem libyschen Bürgerkrieg nicht nur um Demokratie, sondern auch um handfeste wirtschaftliche Interessen - auf beiden Seiten der gespaltenen Administration und Nation. Die Gewalt in Libyen ist also nicht ohne geschäftliches Interesse. Vermittlung und Verhandlungen könnten ebenso helfen wie die ernsthafte Unterstützung der Forderungen der Bevölkerung nach Reformen und die Beendigung aller Unterstützung und Ausrüstung von Militanten auf beiden Seiten.
Statt dessen sehen dieselben ,,glühenden Demokraten“ des Westens in Bahrain ungerührt dem massiven Aufmarsch von saudi-arabischen Truppen gegen die Demokratiebewegung zu. Das mag damit zu tun haben, daß die saudische Königsfamilie mit ihren Öl-Milliarden wirtschaftlich am längeren Hebel sitzt.
Aus diesen Gründen gilt: Demokratisierung kann nur als Emanzipation der Bevölkerung von Potentaten und Imperialismus zugleich gelingen. Die Bundesregierung wurde durch die Kritik der Friedensbewegung am Afghanistan-Krieg zurückhaltend gemacht. Dieses Engagement sollte intensiviert werden. Der Krieg muß sofort wieder beendet werden.
Kein Blut für Öl!