Menü | Home › Publikationen › harte zeiten › Artikel 3 einer Zeitung von harte zeiten vom
„Juso?“
Wenn Sozialdemokraten unter gutem Namen Politik machen, müssen sie ernsthaft gewürdigt werden. Das wollen wir tun:
Die „Jusos“ sind „Studierende ..., die es nicht anderen überlassen wollen, die Hochschule zu gestalten.“ * Sie „machen echte Hochschulpolitik und lösen jeden Tag im AStA die kleinen und großen Probleme des Uni-Alltags.“ Also: keine Vollversammlungen, keine Demonstrationen, keine Konferenzen und Workshops, damit Jusos weiterhin ungestört Hausaufgaben im AStA machen können?
Weiter: „Wir kämpfen dafür, dass das Studium gebührenfrei wird. (...) Dafür zeigen wir das unverantwortliche Handeln der Politik auf“ - sie zählen den AStA offenbar nicht als politische Institution - „und halten argumentativ dagegen.“
„Jusos wählen, weil Studiengebühren immer noch scheiße sind.“ - Ah ja.
Deshalb plakatiert, wer realistisch ist, für O. Scholz und lehnt die Umstellung auf Bachelor und Master weder aus „irrationalen Gründen“ noch sonst irgendwie ab. Dafür ist man gegen „zu enge“ Regelstudienzeiten, „zu hohen“ Prüfungsdruck und setzt sich für „Studienfreiheit“ ein, statt ... ja statt was? Demokratische Bildung für Alle?
Frau Schavan würde sich für diese entschiedene studentische Mitwürgung bedanken.
Für Leute, die so engagiert den Status quo verteidigen, ist Kultur auch ein wichtiges Thema:
„Wir veranstalten Filmabende im Abaton“ - was täte das Abaton ohne die Jusos im AStA? -, „Open Air Kinos, Theatervorstellungen und Kurse. Wir sehen nicht zu, wie durch die Sparmaßnahmen der Stadt unsere Kultur beschnitten wird. Wir beleben selbst den Campus.“
Das ist der Kern studentischer Interessenvertretung: öffentliche Aufgaben und übliche Kommerz-„Kultur“ mit Mitteln der Verfaßten Studierendenschaft zu ersetzen ist unfraglich viel seriöser als deren Verschwendung durch solidarische Aktionen für einen Politikwechsel und kritische studentische Kulturarbeit. Realos gehören einfach dazu: „Wir haben mehr Mitsprache bei der Gelderverwendung erkämpft, waren an Gesetzesänderungen beteiligt, haben die Univerwaltung (!) verbessert und Studiengänge studierbar gemacht.“
Nur - mit dem solidarischen Kampf für Gebührenfreiheit (Unterschriftenkampagne, Boykotte, themenbezogene Aktionen), der Überwindung des Ba/Ma-Hürdenlaufs und dem Erhalt der klassischen Studiengänge hat das nichts zu tun. Bildung und Wissenschaft als Arbeit gegen Rechts, für Frieden, sozialen Fortschritt, Ökologie und demokratische Partizipation brauchen Kritik, Solidarität und stadtweite Bündnispolitik als Teil außerparlamentarischer Opposition. Das ist - praktisch - die Alternative.
* Alle Zitate aus: Selbstdarstellung der „Juso-Hochschulgruppe“, Wahlzeitung zur SP-Wahl 2011/12 (S. 26/27).