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„Humankapital“ oder Bildung für Alle

Alternativen zum Neoliberalismus

Die Hochschulen sind zentral für die Perspektive gesellschaftlicher Entwicklung. Immer mehr Menschen müssen sich heute wissenschaftlich qualifizieren, um regulierend und steuernd in gesellschaftliche Prozesse jeder Art eingreifen zu können. Problemkritische, demokratische Bildung und Wissenschaft, zu der alle Menschen gleichermaßen und jederzeit Zugang haben, muß darauf gerichtet sein, friedliche und umfassend humane Lebensbedingungen für alle Menschen zu schaffen.
Neoliberale Bildungspolitik, wie sie in Hamburg der bisherige Wissenschaftssenator Jörg Dräger vertritt, verfolgt dagegen das Ziel, fachlich hochqualifizierte aber unterwerfungswillige Arbeitskräfte zur Maximierung der Profite und Absicherung kapitalistischer Ausbeutung zu liefern. In der „ewigen“ Konkurrenz der „Standorte“ müsse Hamburg auf die Erhöhung seines „Humankapitals“ setzen. Der Mensch sei Rohstoff.

Dafür werden die Studierenden durch (Langzeit)Studiengebühren unter Druck gesetzt, schnell und angepaßt zu studieren, die Lehrenden und Forschenden, die Institute und Fachbereiche durch „leistungsbezogene Mittelvergabe“ gegeneinander gehetzt und durch gestufte Bachelor/Master-Abschlüsse die Spaltung in Masse und Elite befördert. Diese Maßnahmen werden durch eine Entdemokratisierung der Hochschulen und die direkte Einflußnahme von Kapitalvertretern über den Hochschulrat abgesichert. Unter diesem massiven Konkurrenzdruck soll jeder einzeln und gegen alle anderen auf die individuelle Steigerung des Tauschwertes der eigenen Arbeitskraft, das heißt auf die Optimierung der eigenen Ausbeutbarkeit geworfen sein.

Gegen diese an unmittelbarer Kapitalverwertbarkeit ausgerichtete Bildungs- und Wissenschaftspolitik hat sich in Hamburg und auch bundesweit massiver Widerstand entwickelt. Dabei wird allerdings oftmals in einfacher Negation des unsozialen Verwertungsdrucks gefordert, ein „selbstbestimmtes“ Studium frei von gesellschaftlichen Anforderungen zu ermöglichen. Damit wird jedoch der von liberaler Seite konstruierte scheinbaren Gegensatz zwischen beruflich-fachlicher Qualifizierung und emanzipativer Bildung reproduziert. Tatsächlich kritische Bildung und Wissenschaft muss dagegen die bestehenden gesellschaftlichen Probleme offensiv aufgreifen und alle Menschen zur Entfaltung in sinnvoller Arbeit und kollektiven Durchsetzung der eigenen, als verallgemeinerbar erkannten Interessen befähigen. In der Diskussion mit Herbert Schui wollen wir entwickeln, wie die Bedingungen und Inhalte umfassend emanzipativer Bildung für alle Menschen gestaltet und durchgesetzt werden müssen.

Herbert Schui ist Professor für Volkswirtschaftslehre und lehrt seit 1979 an der HWP. Seine Schwerpunkte sind: Konjunktur, Entwicklung, Beschäftigung und Geldwesen. Er ist Mitglied der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (Memorandum-Gruppe). Sein neuestes Buch (zusammen mit S. Blankenburg) heißt: Neoliberalismus: Theorie, Gegner, Praxis, Hamburg 2002.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Montag, den 19. Januar 2004, http://www.harte--zeiten.de/artikel_1.html