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,,Schlicht“ oder vernünftig?
Bellizismus beenden!
,,Nichts ist gut in Afghanistan.“
Margot Käßmann, Vorsitzende d. Ev. Kirche Deutschlands (EKD), Neujahrspredigt, 1.1.2010.
,,Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Polenz (CDU), sagte, Frau Käßmann mache es sich >zu einfach<, wenn sie die Botschaft vermittele, man könne kurzfristig aus Afghanistan abziehen, >ohne sich schuldig zu machen<. Viele Afghanen verließen sich auf die Hilfe Deutschlands und 43 weiterer Staaten. Durch >schlichten Pazifismus< werde die Welt nicht friedlicher. Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) mahnte Bischöfin Käßmann in der Zeitung >Welt am Sonntag< zu bedenken, dass der Einsatz im Auftrag der Vereinten Nationen geleistet werde.“
,,Scharfe Kritik an Käßmann“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. Januar 2010.
Die evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann wird von den politisch Verantwortlichen für den Afghanistan-Krieg attackiert, weil sie öffentlich an der Richtigkeit dieser ,,Mission“ zweifelt. Dafür wird die Moralkeule geschwungen: Pazifismus sei ,,schlicht“ (ungefähr so wie rohe Gewalt?) und ,,Verantwortung“ heiße: Krieg ,,gegen den Terror“ bis zum Sieg. Sonst bräche heilloses Chaos in Afghanistan aus. Tatsächlich befürchten die Kriegstreiber nur eine Vertiefung der Legitimationskrise neoliberaler Machtpolitik. Die starrsinnige Fortsetzung des gescheiterten Feldzuges gegen Afghanistan ist auch ein Signal in die industrialisierten Zentren der Welt: Gebt auf, den Vorrang der geschäftstüchtig militarisierten Außenpolitik in Frage zu stellen. - Zivilisiert ist, dagegen unbeirrt und prinzipiell zu opponieren.
Acht Jahre ist das umkämpfte Land nun der Bombardierung und Besetzung der Nato-Truppen ausgesetzt. Ökonomisch ist es seither von seinen Besatzern und von der Produktion von Opium abhängig. Unterdrückung und Tod prägen den Alltag (auch der angeblich befreiten Frauen). Zivilisten und Soldaten sind sofort beendbarem Leid täglich ausgesetzt. Der Krieg produziert mithin ständig neue Gewalt. Frieden ist - auch und gerade durch die von US-Präsident Obama avisierte massive Verstärkung des Besatzungskrieges - in weitere Ferne gerückt. Bei einer Nato-Tagung im Frühjahr 2010 soll die Aufstockung der Truppen auch durch die Bundesrepublik vereinbart werden. Dagegen stehen eine - noch zu mutlos - kriegsablehnende Bevölkerungsmehrheit, verschärfte Kritik selbst in den kriegsbefürwortenden Parteien und nun sogar ,,die Kirche“.
Die militärische Aggression, die nicht vom afghanischen Staat ausging, beruht auf der Absicht, ein Land im Zentrum einer rohstoffreichen Region für ökonomische und machtpolitische Zwecke zu erobern. Die Durchsetzung dieses imperialen Interesses braucht die Gewalt. Damit steht diese Politik in scharfem Gegensatz auch zur Charta der Vereinten Nationen und dem Grundgesetz.
Es ist nicht die Verpflichtung von Friedensfreunden, Kriegsprofiteure von der Schädlichkeit des Geschäfts mit dem Krieg zu überzeugen. Auch müssen machtbornierte Politiker nicht appellativ beschworen werden, das Leben anderer nicht zu riskieren und zu unterjochen. Wirklich erforderlich ist, daß alle Vernünftigen menschenwürdige internationale Beziehungen kämpferisch durchsetzen, indem eine verbohrte, gewalttätige und geschäftstüchtige ,,Elite“ daran gehindert wird, den Krieg fortzusetzen: in dem ihr die - zuweilen tätige, zuweilen desinteressierte - Duldung ihres Handelns entzogen wird.
Die Friedensbewegung plant deshalb international für das Frühjahr Aufklärungs- und Protestaktivitäten, um anstelle einer Aufstockung der Truppen in Afghanistan deren Abzug zu erzwingen. Das schließt die Forderung nach der Beseitigung der Kriegsschäden sowie echt zivile Konfliktbewältigung und Entwicklungshilfe mit ein. Engagierte friedenspolitische Opposition aus Bildung, Wissenschaft und studentischer Interessenvertretung ist dafür ohne sinnvolle Alternative.