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Die Banken, der Abgrund und Umkehr

,,Fast jeder Unternehmer und besonders der kleinere ist nichts als der Verwalter von Bankschulden; gehts gut, dann trägt er den ungeheuern Zins ab, und gehts schief, dann legen die Banken ihre schwere Hand auf ihn, und es ist wie in Monte Carlo: die Bank verliert nicht. Und wenn sie wirklich einmal verliert, springt der Steuerzahler ein: also in der Hauptsache wieder Arbeiter und Angestellte.“
Kurt Tucholsky: ,,Die Herren Wirtschaftsführer“, Die Weltbühne, 18.08.1931, Nr. 33, S. 254.

Déjà vu? - Ein Vorzug der Weltwirtschaftskrise heute ist, daß sämtliche Fehler, Betrügereien und zynischen Geschäfte schon einmal gemacht wurden. Sie sind also vermeidbar beziehungsweise durchschaubar. Ein zweiter ist, daß man einen Eindruck von dem erarbeiteten Reichtum gewinnen kann, der sinnvoll für die Menschen eingesetzt werden könnte, die ihn erarbeitet haben beziehungsweise, die duch ihre Armut zu ihm beitragen.
Die HSH Nordbank, die Nachfolgerin der Landesbanken von Schleswig-Holstein und Hamburg, kommt nicht aus der Krise heraus. Sie hat seit Beginn ihres Desasters durch Spekulationen von den Bundesländern über 3 Mrd. Euro zugeschossen bekommen. Die Länder haften mit 30 Mrd. Euro (das ist mehr als die Landeshaushalte pro Jahr zusammen ergeben) für die weiteren Risiken. Der ehemalige Kieler CDU-Wirtschaftsminister und Nord-Affi-Manager, Werner Marnette, kritisiert nun, daß die CDU-Landeschefs wegen der nahen Bundestagswahlen der Öffentlichkeit verbergen, daß die Bank "riskante", also wahrscheinlich wertlose Papiere führt, die die Bevölkerung 20 Mrd. Euro kosten werden. Wenn alles so weiter ginge wie bisher. Damit er sich nicht absetzt, hat der aalige Bankchef Dirk Nonnenmacher 2,9 Mio Euro Taschengeld von den Landesregierungen zugesprochen bekommen.
Die HSH Nordbank ist in gewichtiger Gesellschaft. Auch die Commerzbank, die Dresdner Bank sowie die Hypo Real Estate bedienen sich an staatlicher Hilfe. Die Bundesregierung hat allein 2008 400 Mrd. Euro als Bürgschaft zur Verfügung gestellt. Den Gipfel der Dreistigkeit verteidigen ungehemmt die amerikanischen Investmentbanken. Zum Beispiel Goldman & Sachs. Nie wirklich gefährdet hat dieses Institut von April bis Juni 2009 einen Gewinn von 2,7 Mrd. Dollar eingefahren. Vorher hatte sie 10 Mrd. Dollar Staatshilfe beansprucht, die sie nun flugs zurückzahlte, damit sie Boni an die Manager ausschütten durfte. Der Gewinn basiert darauf, daß die Wall-Street-Bank der US-Notenbank für 1 Billion Dollar wertlose Aktienpakete verkaufte, die sie sonst an der Fortführung ihrer ruinierenden Geschäfte gehindert hätten. Die Nationalbank kaufte, weil Goldman & Sachs als unverzichtbar für die US-Führungsposition auf dem Finanzmarkt gilt. Man nennt dies: Systemrelevanz.
Keine der sogenannten Stützungsaktionen hatte bisher den Erfolg, daß wieder Kredite an die produktive Wirtschaft vergeben würden, die - gar sinnvolle - Arbeitsplätze retten und schaffen könnte. Stattdessen hindern sich die Regierungen damit selbst an vernünftigen Investitionen in Arbeit, Gesundheit, Bildung, Kultur und Infrastruktur. Es ist nicht weit hergeholt, ein System gänzlich in Frage zu stellen, daß diese Verschwendung braucht. Der Kampf der Wahnsinnigen um den Sonnenplatz am Steilhang des Sanatoriums ist noch nicht beendet. Jede Bank, jeder Konzern will ,,gestärkt aus der Krise hervor gehen“. Gemästet bis zum Platzen. Putzen soll der Staat, also seine arbeitenden, konsumierenden und steuerzahlenden Insassen.
Würde die Universität jährlich 30 Millionen Euro (10 Prozent ihres Budgets) zusätzlich erhalten - und Studiengebühren wären abgeschafft - es ist wohl vorstellbar, daß dann kein Studiengang geschlossen, niemand abgewiesen oder vertrieben, nicht gepaukt und gehechelt würde. Es muß auch keine Fassade bröseln und Aufklärung, Kritik und die Entwicklung humaner Gebrauchswerte müssen nicht das Stigma des Versagens tragen. Der Markt ist nun selbst das Versagen vor der Zivilisation.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese Kultivierung im Vorgriff auf bessere Bedingungen realisiert und gesellschaftlich verallgemeinert werden muß. Sie wird aus den Banken, Kanzleien, Konzernvorständen, Unternehmensberatungen und aus vielen Parteizentralen bekämpft. Der Spieß kann umgedreht werden. Solidarität und allseits förderliche Lebensbedingungen bilden eine realistische gesellschaftliche Alternative, für die zu kämpfen eine erfreuliche Notwendigkeit ist.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Montag, den 20. Juli 2009, http://www.harte--zeiten.de/artikel_867.html