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Zum Geleit IX

Zu den Geleiten
Courage ist Erkenntnis, ist Helligkeit

[Kommentar zum Hintergrund: Das Keilen um die Beteiligung der ehemaligen Fachbereiche in der Leitung der neugegründeten, größeren Fakultäten ist hart. Viele haben berechtigte Angst, untergebuttert zu werden. Das Studentenwerk hat eine Verschlechterung der sozialen Lage der Studierenden im engen Zusammenhang mit dem rechten Senat festgestellt. Konsequenzen gegen die politischen Bedränger sind aber für manche AS-Mitglieder immer noch eine große Hürde. Sie fragen: Soll man sich überhaupt mit der Welt außerhalb der Universität befassen? Die Geleite würden sie gerne im AS "verbieten" (oder auch nicht: der TOP wird monatelang nicht befaßt). Also:]

1) Zivilität

"Der Charakter der französischen Revolution war aber zu jeder Zeit bedingt von dem moralischen Zustande des Volks und besonders von seiner politischen Bildung. Vor dem ersten Ausbruch der Revolution in Frankreich gab es dort zwar schon eine fertige Zivilisation, aber doch nur in den höheren Ständen und hie und da im Mittelstand; die unteren Klassen waren geistig verwahrlost und durch den engherzigsten Despotismus von jenem edlen Emporstreben abgehalten. Was aber gar die politische Bildung betrifft, so fehlte sie nicht nur jenen unteren, sondern auch den oberen Klassen."
Heinrich Heine, Einleitung zu "Kahldorf über den Adel", 1831.

Der Zustand einer Gesellschaft, ihrer Einrichtungen, ihres Alltags, die Qualität der Begegnungen und die Verfaßtheit der einzelnen Menschen, die besonderen sowie generellen Entwicklungsmöglichkeiten sind nicht unwesentlich abhängig von der möglichst hohen erkenntnisgeleiteten Allgemeinheit einer qualifizierenden Bildung.
Somit ist die Pflege und das Schaffen institutioneller, sozialer und kultureller Voraussetzungen zur intellektuellen Aneignung der Gesellschaft respektive der humanen Gestaltung der sozialen Welt selbst ein verantwortlicher Prozeß der Zivilisierung menschlichen Lebens.

2) Politik als Tatsache

"Bildung mündiger Menschen: Ihren Bildungsauftrag sieht die Universität in der Entwicklung von Sachkompetenz, Urteilsfähigkeit und der Fähigkeit zu argumentativer Verständigung auf wissenschaftlicher Grundlage. Für alle Menschen will sie ein Ort lebenslangen Lernens sein und ein öffentlicher Raum der kulturellen, sozialen, und politischen Auseinandersetzung."
Leitbild der Universität, 1998.

Ferner ist im Leitbild das Ziel der "individuelle(n) und korporative(n) Verantwortlichkeit" formuliert.
Die Mitglieder des Akademischen Senats sind als Mitglieder der Universität, als Angehörige einer funktionalen Gruppe der Hochschule und als Person einer politischen Gruppierung in das höchste Gremium der Akademischen Selbstverwaltung gewählt worden.
Durch die Entfernung des Großen Senats und die Installierung des Hochschulrates kommt dem Akademischen Senat eine gestiegene Bedeutung für die Wahrung und Entfaltung der Universität zu. Das sind schwer zu leugnende politische Tatsachen.
Daraus abgeleitet ist zunehmend sinnvoll, daß in der Erkenntnisgewinnung und Entscheidungsfindung des Gremiums auf höherem Niveau positionelle Auffassungen in politischer Argumentation (s.o.) zum Ausdruck kommen, damit die Verantwortung des Akademischen Senats für die positive Entwicklung der Hochschule fundiert gebildet wird bzw. zum Ausdruck kommt und Angriffen auf die Institution standhält. Schlechtlaunige Fluchtneigungen sind deshalb zu überwinden.

3) Zensur steigert das Elend

"(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt."
Grundgesetz der BRD, Artikel 5.

Unter verstärkten Bedrängungen wächst, wenn diese nicht kritisch und souverän gemeinschaftlich reflektiert werden, die Neigung, Kassandra einzusperren, ein Haustier in die Wüste zu schicken oder den Boten zu köpfen.
Der Selbstzensur entspricht die Zensur anderer. Die Ursachen der Übel bleiben unberührt. Die Probleme befinden sich in kumulativer Entwicklung. Das eigene Wohlbefinden sinkt mit der Ausweitung der Mißgunst.

4) Ego?

"Willst du dich am Ganzen erquicken,
So mußt du das Ganze im Kleinsten erblikken."

Johann Wolfgang v. Goethe, Lyrische Dichtungen, Weimar 1810-1812.

Das Ego bleibt klein, will es nur besonders sein.

Golnar Sepehrnia, Olaf Walther
Hamburg, den 7. April 2005

Veröffentlicht am Donnerstag, den 7. April 2005, http://www.harte--zeiten.de/dokument_428.html