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Ein zu korrigierender Irrweg

Oder: Die Notwendigkeit eines oppositionellen AStAs

„Der Gedanke geht der Tat voraus wie der Blitz dem Donner“

Heinrich Heine, „Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“, 1834.

Das Studierendenparlament ist erstmals für diese Legislatur zusammengetreten – auch um den Allgemeinen Studierendenausschuß (AStA) zu wählen. Das endgültige Wahlergebnis steht allerdings noch immer nicht fest, da ein gerichtliches Urteil über die Satzung und die Wahlordnung aussteht, das bald sehr wahrscheinlich die unrechtmäßige Begrenzung der Parlamentarierzahl von 47 auf 35 sowie die 2,5-Prozenthürde aufheben wird. (Für diese Entdemokratisierung zeichnete im Jahr 2000 eine machtpolitische Allianz von Joschka-Fischer-Jugend bis zur äußersten Rechten verantwortlich.) Die juristische Korrektur wird die gesamte politische Konstellation des Parlaments nach links verschieben. Diese entspricht dann auch dem Wählervotum.

Deshalb wurde auf der Studierendenparlamentssitzung noch schnell ein AStA „gewählt“, den die Listen „Jura“ („Bücher zurückstellen“), „WiWi“ (Parties und „Studiengebühren selbstverwalten“), „Jusos“ (rechte Sozialdemokraten), LHG (hoffnungslose Liberale), die Klientel- Listen aus Medizin, Erziehungswissenschaft, Geistes- und Naturwissenschaften sowie eine Liste ausländischer Studierende (brave Ausbildung und „Heimat“) tragen sollen.
Die genannten Gründe machen diese Wahl politisch und juristisch höchst zweifelhaft und von kurzer Gültigkeit. Gültigkeit haben hingegen folgende zu beantwortende Fragen:

Wie sind Studiengebühren zu verhindern? Wie weitreichend engagiert sich die Studierendenschaft gegen die Sterbe-Hilfe-Politik des CDU-Senats? Wird der AStA durch Aufklärung und die Initiierung kritischer Aktivitäten allgemein zu solidarischem Engagement ermutigen? Beteiligen sich die Studierenden verantwortlich an gesellschaftlichen Auseinandersetzungen für eine stete politische Wendung zum Besseren?

Im Januar haben die Studierendenparlamentswahlen ein spannendes Ergebnis gebracht: Bei erhöhter Wahlbeteiligung entfiel eine gute Hälfte der Wählerstimmen auf fortschrittliche Gruppen mit einem emanzipatorischen Programm in Hochschul- oder auch Gesellschaftspolitik; sie wenden sich gegen die Drangsale des rechten Senats. Die andere (knappere) Hälfte ging an liberale und rechte Listen, die das brave Arrangement mit der Normalität für eine Stärke halten; sie sind gegen Unangepaßtes; manche versprachen Gebührengegnerschaft. Insgesamt brachte das Votum die Erwartung der Studierendenschaft zum Ausdruck, ein künftiger AStA möge sich wirksam gegen Studiengebühren einsetzen. (Dies deckt sich mit dem 95prozentigen Votum „Für Gebührenfreiheit“ bei der Urabstimmung im Mai 2005 und allen Voten studentischer Vollversammlungen.)

Jetzt kommt es daher darauf an, daß alle Vernünftigen mit assoziierter emanzipatorischer Programmatik entschieden dieser unfeinen Vorgehensweise begegnen: Die Ablehnung von Studiengebühren sowie jeder anderen ökonomischen Ausnutzung von Mensch und Wissenschaft, die Opposition zur polizeistaatlichen und Handelskammer-hörigen Senatspraxis, die Beteiligung an friedenspolitischen Aktivitäten, das Engagement zur Überwindung von Elend und für nützliche Arbeit, für ein erfreuliches und herausforderndes kulturelles Leben für alle, die selbst-bewußte Mitwirkung in der Interessenvertretung – also insgesamt solidarische Politik für eine aufgeklärte und menschenwürdige Bildung und Gesellschaft ist um so mehr das Gebot der Stunde.

In Fachschaftsräten, Vollversammlungen, Aktiventreffen, bei Aktionen, an Mensa-Tischen und in studentischen Cafés kann sich dessen angenommen werden. Der laufende Gesetzgebungsprozeß zum „Studienfinanzierungsgesetz“ (500 Euro Gebühren ab 2007) bietet reichlich Anlässe, oppositionell und bedacht einzugreifen. Ein AStA, der gesellschaftskritisch initiierend wirkt, kann so mit Verstand gebildet werden.