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Von Teilzeitreformen

Die finanzielle Situation der Studierenden ist zu meist angespannt. Angesichts minimaler Förderung durch das Bafög müssen die meisten „nebenbei“ jobben. Nicht selten ist die Sicherung des Lebensunterhalts zur vorrangigen Beschäftigung der Studierenden geworden.

Das Kernproblem ist die mangelhafte Ausbildungsfinanzierung. Anstatt aber das Kind beim Namen zu nennen, werden von „Uni-Unternehmensberatungen“ (wie „Projekt Universitätsentwicklung“), „HochschulreformerInnen“ und „WissenschaftspolitikerInnen“ Konzepte entwickelt, dieses Problem zu umschiffen:

Teilzeitstudiengänge sollen ermöglichen, daß gearbeitet und studiert werden kann, gleichzeitig und – idealiter – im selben Aufgabenbereich. Das klingt ganz nett, jedoch handelt es sich hier nicht um ein Angebot, sondern eher um ökonomischen Zwang für jene, die sich sonst gar kein Studium erlauben können. Man möchte aus der Situation das beste machen, sie aber nicht im Grundsatz kritisieren und auf ihre Veränderung zielen. Implizit werden durch solche „Reformkonzepte“ die äußeren Bedingungen als unüberwindbar akzeptiert.

Statt wie bisher vor allem eine Verbesserung der staatlichen Ausbildungsfinanzierung zu fordern, soll nun der organisatorische und inhaltliche Rahmen des Studiums den bisher kritisierten gesellschaftlichen Determinanten angepaßt werden.

Solche vermeintlich pragmatischen „Reformschritte“ wirken in keinem Fall auf eine langfristige Verbesserung der sozialen Situation der Studierenden hin. Erst wenn diese erreicht sind, kann Teilzeitstudium auch als Möglichkeit zur Realisierung lebensbegleitenden Lernens durchgesetzt werden.

Die Apologeten der Sparpolitik, wie die Hamburger Wissenschaftssenatorin Sager, die in jede finanzielle Notlage eine Chance interpretieren, verkaufen uns gerne als fortschrittliche Reform, was das kritiklose Arrangement mit bestehenden Verhältnissen bedeutet. Reformen müssen aber auf die Verbesserung herrschender Verhältnisse zielen, um mit recht diesen Namen zu tragen. An den Hochschulen ist deshalb die Aufgabe auch und gerade für die Studierenden zu hinterfragen, worin denn eine faktische Verbesserung ihrer Lebens- und Studienbedingungen bestünde. Dabei zeichnet sich schnell ab, das die Kernprobleme mangelnde Hochschul- und Ausbildungsfinanzierung sind. Das muß im Zentrum der Kritik stehen und hier müssen Alternativen in Gremien der Akademischen und Studentischen Selbstverwaltung entwickelt werden, welche die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen überwinden helfen.

Der Umdeutung sozialer, gesellschaftlicher Probleme beispielsweise in Fragen der Studienorganisation muß eine kritische Analyse der Gesamtsituation gegenüber gestellt werden auf deren Grundlage aus der Universität heraus agiert werden kann.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht 1999, http://www.harte--zeiten.de/artikel_161.html