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Die Feuerzangenbowle kritisch sehen!
„In dem Augenblick, da eine Propaganda bewusst wird, ist sie unwirksam. Mit dem Augenblick aber, in dem sie als Propaganda, als Tendenz, als Haltung im Hintergrund bleibt und nur durch Haltung, durch Ablauf, durch Vorgänge, durch Kontrastierung von Menschen in Erscheinung tritt, wird sie in jeder Hinsicht wirksam.“
Joseph Goebbels bei der ersten Jahrestagung der Reichsfilmkammer am 5.3.1937
Der Film „Die Feuerzangenbowle“, welcher jährlich im Audimax als kommerzielles Event zelebriert wird, ist historisch und inhaltlich ein Produkt der NS-Propaganda. Daher rufen wir dazu auf, den Film kritisch zu sehen und in Zukunft nur noch mit kritisch-wissenschaftlicher Rahmung zu zeigen.
Der Film wurde im Jahr 1943 in Babelsberg auf dem UFA-Gelände gedreht. Zu dieser Zeit herrschte der Zweite Weltkrieg: Goebbels hatte gerade im Berliner Sportpalast zum „totalen Krieg“ aufgerufen, die Massendeportationen von Millionen Europäer*Innen in Konzentrations- und Vernichtungslager wurde auf die Spitze getrieben, es begann die letzte und blutigste Zeit der systematischen Vernichtung im Zuge des Holocaust und des Zweiten Weltkriegs. Der Dreh des Films fand deswegen in schalldichten Studios statt, um die Idylle des Films nicht durch den Lärm der Luftangriffe und der Fliegeralarme zu stören.
Unterhaltungsfilme, deren Produktion in den Kriegsjahren gesteigert wurde, war rückwärtsgewandte Schwärmerei, eine Verklärung der Wirklichkeit und die Vertröstung auf bessere Zeiten, sowie Aufruf zum Verzicht. Dies ist in den letzten Worten des Protagonisten Pfeiffer im Film, der gerade nach einem kurzzeitigen Aufbegehren gegen den bürgerlichen Alltag in diesen zurückgekehrt war, formuliert: „Wahr sind nur die Erinnerungen, die wir in uns tragen, Träume, die wir spinnen und Sehnsüchte, die uns treiben. Damit wollen wir uns bescheiden machen.“
Wie das eingangs genannte Zitat von Goebbels verdeutlicht, „überzeugt“ Propaganda vor allem, wenn sie subtil bleibt. Sei es der zitierte Schlusssatz, die Darstellung von verschiedenen Lehrertypen, bei der die mit der egalitäreren Einstellung als trottlig dargestellt werden, oder der Verweis auf die Standhaftigkeit des „ewigen Volkes“ mit vermeintlich arglosen Vergleichen. So der Oberlehrer Dr. Brett: „Junge Bäume, die wachsen wollen, muss man anbinden, dass sie schön gerade wachsen – nicht nach allen Seiten ausschlagen. Und genau so ist das mit den jungen Menschen: Disziplin muss das Band sein, das sie bindet, zu schönem, geraden Wachstum.“
Die Wehrmacht hatte in Stalingrad eine entscheidende Niederlage kassiert. Die Berichte von der Front über die Grausamkeit und die Hoffnungslosigkeit des Kriegs verdichteten sich. Damit begann der Glaube an den „Endsieg“ in der Bevölkerung zu bröckeln. Die Auswirkungen des Kriegs wurden auch in Deutschland immer deutlicher. In der Nacht vor der Uraufführung im Januar 1944 in Berlin fielen 3.715 Tonnen Bomben auf die Stadt. In dieser Zeit kam der Unterhaltungsfilm „Die Feuerzangenbowle“ gelegen, um die aufkeimende Unzufriedenheit zu kanalisieren und die Bevölkerung hoffnungsvoll und beruhigt zu stimmen. Dieser Filminhalt wie die Rituale, die die Vorführungen begleiten (der Veranstaltungskatalog des Veranstalters Unifilm nennt z. B. Pfeifen beim Auftritt eines „Frauenzimmers“, „nor einen wönzigen Schlock“ trinken), bleiben mehr als fragwürdig. Die Verharmlosung rechten Gedankenguts und die begleitende Verrohung, die sich auch in den jährlichen „Feuerzangenbowle“-Zelebrationen wiederfindet, ist gerade im Angesicht von Versuchen, die NS-Diktatur zu verharmlosen – siehe: „Vogelschiss“ (AfD) – und die Gesellschaft zu re-brutalisieren – siehe: Hetzjagden auf „Nichtarier*innen“ (Pro Chemnitz und co.) sowie Bayerische Grenzpolizei zur Abschottung gegen Menschen, die humanitärer Hilfe bedürfen (CSU) – inakzeptabel. Die subtile Propaganda von Disziplin, Autorität, Frauen- und Familienbild und Rückwärtsgewandtheit muss im Gegenteil aufgeklärt und überwunden werden.
Eine Kapitulation Deutschlands hätte den Zweiten Weltkrieg zügig beenden können. Stattdessen hielten die Wehrmachtssoldaten und die Menschen in Deutschland weiter durch. Für das Durchhalten gab es Einschüchterungen, Arbeits- und Leistungszwang, offenen Terror, Drohungen, aber eben auch – zur Stabilisierung der sog. „Heimatfront“ – eine heftig betriebene Unterhaltungspropaganda. Der Leitgedanke der Wir fordern Unifilm auf, die Feuerzangenbowle zukünftig nicht mehr im „Weihnachtsprogramm“ zu zeigen und für dieses einen anderen Film zu finden, der einen progressiven Grundcharakter hat (z. B. „Blues Brothers“ oder „Rocky Horror Picture Show“). Wenn Unifilm den Film– außerhalb des Weihnachtsprogramms – zeigen sollte, dann sollte dies nur mit kritisch-wissenschaftlicher Rahmung geschehen.
Antrag des „Ausschuss gegen Rechts des Studierendenparlaments“ an das Studierendenparlament für die Sitzung am 29.11.18. Eingebracht in den Auschuss durch die Listen: SDS*, Liste LINKS, harte zeiten, CampusGrün, UKElerVereint