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Europa: Eine andere Möglichkeit

„Die Brüsseler Entscheidungsträger haben eine fundamentalere Angst: dass die in allen Ländern stärker werdenden Populisten das seit je von den Funktionseliten dominierte europäische Projekt grundsätzlich in Frage stellen und Europa weiter zerbröseln lassen könnten.“

Werner Mussler: Populistisch gegen Populismus. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5.1.2017.

„Vor drei Jahren stand Portugal noch unter der Aufsicht der Troika von Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und EU-Kommission. (...) Mitte 2014 reiste die Troika ab. Es ging wirtschaftlich wieder leicht aufwärts.“

Thomas Fischer: Ein Land glaubt wieder an sich selbst. Neue Zürcher Zeitung, 5.1.2017.

Im Mai 1944, die faschistischen Heere waren noch nicht besiegt, veröffentlichten in Genf Vertreterinnen und Vertreter des Widerstands unter anderem aus Italien, Frankreich und Deutschland eine „Deklaration über die europäische Zusammenarbeit“. Sie sollte ein demokratisch geeintes Europa vorbereiten. Die Aussicht auf Frieden und Wohlfahrt für den gesamten Kontinent gründete auf der einsichtsvollen Absicht, daß „das Leben der Völker (...) auf die Achtung der Person, der Sicherheit, die soziale Gerechtigkeit, die umfassende Nutzung der wirtschaftlichen Hilfsquellen zugunsten der Gemeinschaft in ihrer Gesamtheit und die autonome Entfaltung des nationalen Lebens begründet sein muß.“ Diese antifaschistischen Europäer erkannten die Chance, Humanismus und Aufklärung, den wissenschaftlich-technischen Fortschritt und die Erfahrungen der Friedens- und Arbeiterbewegung nach dem Krieg für eine solidarische Entwicklung aller Menschen Europas produktiv zu machen. Soziale Gerechtigkeit sowie gemeinsame demokratische Institutionen galten ebenso wie die Zerschlagung von Militär und wirtschaftlich mächtigen Monopolen als unerläßlich.
Die heutige Europäische Union hat damit nur insofern zu tun, als daß sie gegen diese demokratische Tendenz aus einer elitär organisierten politischen Einigung von Nationalstaaten, einer Wirtschaftsunion sowie Aufrüstungs- und Abgrenzungsbeschlüssen gegen „den Osten“ hervorging. Dieses anti-egalitäre Erbe wirkt noch heute, aktuell besonders unsozial und schädlich sind die harten Auflagen der „EU-Institutionen“ gegen verschuldete Staaten wie Griechenland, Spanien oder Portugal.
Portugal? In Portugal wird eine sozialdemokratische Minderheitsregierung von Kommunisten und Linksalternativen toleriert. Behutsam konsequent verweigert dieses Bündnis EU-Diktate, nimmt die Entscheidungen ihrer konservativen Vorgänger zurück und macht das Gegenteil: Anhebung des Mindestlohns und der Renten, Wiederherstellung des Öffentlichen Dienstes, konsequente Reichenbesteuerung usw. Die Konjunktur erholt sich, die Erwerbslosigkeit sinkt, die Schulden werden zügig abgetragen, was erdrückende Zinsen spart.
Das ist keine Revolution, beweist aber, daß das Gegenteil der „Austerität“ („Enthaltsamkeit“) die Wohlfahrt, Demokratie und auch die Freude im Alltag wiederbelebt.
Darum ist „Europa“ heute sinnvollerweise die Einigung Aller, die von Verzicht, Konkurrenz, Sozialabbau, Militarismus, Abschottung und Halbwahrheiten die Nase voll haben.
Wir haben es gemeinsam in der Hand, ob Waffen nicht mehr exportiert, sozial Einrichtungen ausgebaut, Löhne gesteigert, die Arbeitsverhältnisse verbessert, die Bildung von „Bologna“ befreit, Demokratie wahrgenommen und Solidarität praktiziert wird.
„Europa“ ist eine humanistische Idee. Universitäten gehören so zu ihrem besten Erbe. Die Geschichte ist nicht tot, sie ist nicht einmal vergangen.