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Bildung und Wissenschaft: Angelegenheit aller

Die Universität positioniert sich zum Hochschulgesetz

„Das Urteilskriterium kann allein folgendes sein: ist ein Regierungssystem repressiv oder expansiv? [...] Ein Regierungssystem ist expansiv, wenn es die Entwicklung von unten nach oben erleichtert und fördert, wenn es das national-populare Kulturniveau anhebt und folglich eine Auslese »intellektueller Spitzen« auf erweitertem Terrain ermöglicht. Eine Wüste mit einer Gruppe hoher Palmen bleibt immer eine Wüste: es gehört gerade zur Wüste, kleine Oasen mit hohen Palmen zu haben.“

Antonio Gramsci: Gefängnishefte. Vergangenheit und Gegenwart. Regierungen und nationale Kulturniveaus, Bd. 4, Heft 6, § (170) S. 833.

Mangel und Dürre sind keine demokratiefreundliche Umgebung. Zur Menschwerdung als Überwindung aller Mühsal der Existenz gehört Bildung ebenso, wie relevante gesellschaftliche Teilhabe. Da „Elite“ die Negation gesamtgesellschaftlicher Verantwortung impliziert, haben „Bildung für Alle“ und „Freiheit der Wissenschaft“ im Rahmen von Grundgesetz und Völkerrecht, orientiert auf Frieden, Würde und die Entwicklung demokratischer Strukturen und Persönlichkeiten zivilisatorische Bedeutung.

Zum Entwurf für ein neues Hochschulgesetz, den der politische Senat vorgelegt hat, hat sich der Akademische Senat (AS) darum jüngst kritisch positioniert: „Der Gesetzgeber begründet sein Reformvorhaben (…) mit dem Ziel der »Stärkung der demokratischen Strukturen« und einer »dadurch verbessertem Partizipation der Hochschulmitglieder an hochschulinternen Entscheidungsprozessen«. Der Gesetzesentwurf dient aber auch dem Ziel, »die Hochschulen in ihrer Leistungsfähigkeit in Forschung und Lehre zu stärken«. Nach Einschätzung des Hochschulsenats ist der Gesetzgeber trotz zahlreicher begrüßenswerter Änderungen im Detail mit beiden Zielsetzungen weitgehend gescheitert.“ (Beschluß des AS vom 5.9.2013)

Im Einzelnen wendet sich das höchste gewählte Uni-Gremium gegen eine Vermehrung der Aufgaben in Forschung, Studium, Lehre und Verwaltung trotz fortgesetzter Unterfinanzierung. Darüberhinaus wird die beabsichtigte Machtballung beim Präsidenten abgelehnt, die Umwandlung des Hochschulrats in ein Beratungsgremium gefordert und die Einrichtung eines Uni-Parlaments (Konzil/Konvent) befürwortet. Die Wahl von Leitungsfunktionen (Präsidium, Dekanate) soll nicht, wie von der Wissenschaftsbehörde vorgeschlagen, durch Findungskommissionen im Hinterzimmer vorbestimmt werden. Unterhalb der Fakultätsebene sollen Gremien eigene, z.B. die Haushaltsplanung betreffende, Entscheidungsbefugnisse erhalten. Das neoliberale Controlling mittels normierender „Indikatorensteuerung“, wird kritisch bewertet. Die Zwangsexmatrikulation, das schärfste Mittel zur konformen Verhaltenssteuerung gegen Studierende, wird dezidiert abgelehnt. Gefordert wird also echte Demokratie anstelle profitkonformen Managements.

Damit ergreift der Akademische Senat auf neuer Stufe für eine sozial-verantwortliche und kooperative Entwicklung der Hochschulen Partei. Die verwandten Positionierungen von Fachschaftsräten, Fakultätsgremien, anderen Hochschulen und der Gewerkschaften (siehe www.fsrk.de) sind ermutigend für ein aussichtsreiches Zusammenwirken. Schließlich geht es bei der Hochschulreform um die gesellschaftlichen Entwicklungsbedingungen für Bildung, Wissenschaft und Künste: „Nun, das Geistige, unter dem politisch-sozialen Gesichtswinkel gesehen, ist das Begehren der Völker nach besseren, gerechteren, glücklicheren, dem Stande des menschlichen Selbstbewußtseins richtiger angepaßten Lebensbedingungen,- es ist dieses Begehren in seinem Bejahtsein durch alle, die guten Willens sind.“ (Thomas Mann, „Spanien“, 1937.)

Der Ausgang vom Krieg zum Frieden, von der „marktkonformen Demokratie“ zur demokratischen Ökonomie ist: Aufklärung.

Mit diesem Anspruch können die Mitglieder der Universität in neuem kollegialen Selbstbewußtsein Öffentlichkeit, Bürgerschaft und Senat vielfach bewegen.

Kritische Kooperation entscheidet.