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Wer will keine Sicherheit?

"Es ist das Recht des Bürgers in Sicherheit zu leben, und es ist die Pflicht des Staates, dies Sicherheit zu gewährleisten. Menschenwürde, Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum werden nicht durch den Staat, sondern von Kriminellen ständig verletzt."

(Aus dem Programm der Schill-Partei)

Schill out bei der Bürgerschaftswahl. Damit die Rechten draussen bleiben!

Der Demagoge und Amtsrichter Schill, Anführer der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, ruft nach Sicherheit und Ordnung - das ist der zentrale Punkt seiner Programmatik.

Die Jugendkriminalität nähme angesichts "strafunwilliger Jugendrichter" ständig zu, an den Schulen würden den Kindern nicht genügend Leitlinien an die Hand gegeben, der Strafvollzug sei nicht abschreckend genug, alle Hamburger Bürgerinnen und Bürger seien von gewalttätigen Übergriffen durch Drogendealer - auch noch ausländische - bedroht, das Asylrecht werde meist mißbraucht. So tönt Richter "Gnadenlos" und wettert gegen alle, die staatliche Unterstützung beanspruchen und gegen den Staat, der diese ermöglicht.
Denn erst die Sozialleistungen des Staates produzierten Arbeitslose und andere Sozialhilfebedürftige. Weil den Menschen der Verlust eines existenzsichernden Einkommens nicht drohe, würden sie faulenzend von Steuergeldern des kleinen Mannes profitieren.

Indem man Polizei und Justiz ausbaue, die Strafgesetzgebung verschärfe, Steuern - für Unternehmen - senke, den Markt von sozialstaatlichen Fesseln befreie, die Einzelnen sich selbst oder dem Schoße ihrer Familie überlasse und "Arbeitsunwilligen" Arbeitszwang auferlege, dadurch - so Schills Heilsversprechen - würden Sicherheit und Ordnung wieder einkehren.

Dies ist ein neoliberales Heilsversprechen - nämlich der Abbau sozialer Errung-enschaften (Sozialversicherungen, staatlich organisierte Krankenfürsorge, freier Bildungszugang etc.) zum Zwecke der umfassenden Durchkommerzialisierung aller Lebensbereiche. Um
dies durchzusetzen müssen jedoch die wirklichen Ursachen für Kriminalität, Armut, Flucht oder Drogenkonsum verschleiert werden. Denn diese haben ihren Ursprung in der Schere zwischen Reich und Arm im nationalen wie im internationalen Maßstab und in der zügellosen Ausbeutung von Mensch und Natur zum Zwecke der Profitmaximierung, wie sie Merkmal des Kapitalismus ist.

Diese Ursachen verschleiern Reaktionäre wie Schill durch Schuldzuweisung an (vermeintliche) Randgruppen und die Mobilisie-rung lang gehegter Ressentiments. Jeweils die anderen - Ausländer, Jugendliche, Arbeitslose, Drogenabhängige - und der Staat mit zu wenig Ordnungsmacht und zu hoher sozialer Regulierung seien Schuld an der gesellschaftlichen Misere.
Die Angst vor sozialem Abstieg oder Gewalt - also dem weitestgehenden Verlust eigener Verfügung über die Lebensgestaltung respektive des eigenen Lebens - wird genutzt, um ein Klima zu schaffen, das die Abwicklung sozialer Errungenschaften und die umfassende Verwertungsorientierung in allen Gesellschaftsbereichen ermöglicht. Gerade mit dem Abbau dieser Errungenschaften wird jedoch der ökonomische Druck auf die Menschen weiter verstärkt. Die Angst vor sinkenden Einkommen, Arbeitsplatzverlust und daraus resultierender mangelnder gesellschaftlicher Annerkennung verstärken Konkurrenz und Ausbeutung der Einzelnen. Ihnen wird nahe gelegt, sich dieser Logik unterzuordnen, damit sie möglichst reibungslos funktionieren. Schills Programmatik ist also darauf orientiert, die Angst der Menschen zu nutzen, umdie Ursachen genau dieser Angst, die Ausbeutungsverhältnisse in der kapitalistischen Gesellschaft, aufrecht zu erhalten.

Sicherheit im Sinne von Verfügung über die eigene Entwicklung zu haben, ist Bedürfnis eines Jeden. Sichere und gute Arbeit, soziale Sicherheit, ein umfassendes, öffentliches Gesundheitssystem, gleiche Bildungsmöglichkeiten für alle, verbesserte Bedingungen zu allgemeiner kultureller Entfaltung und friedliche internationale Konfliktlösung sind der gesellschaftliche Rahmen, der diese individuellen (Sicherheits-)Bedürfnisse als allgemeine gesellschaftliche erfüllt. Zu erreichen ist das aber nicht durch eine repressive Ordnungs-macht, sondern durch die Überwindung gesellschaftlicher Verhältnisse, die auf Konkurrenz und Ungleichheit beruhen.

Schill-Out - Gegen Rassismus und Law and Order Politik

Demonstration gegen die geplante Schill-Veranstaltung im Hamburg Haus, am Dienstag, den 10. Juli 2001, um 17:00 Uhr, Else-Rauch-Platz, U-Bahn Lutterothstrasse

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Donnerstag, den 14. Juni 2001, http://www.harte--zeiten.de/artikel_91.html