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Wer will die unendliche Konkurrenz?

Gegen die Einführung sogenannter "leistungsorientierter Mittelvergabe"

,,In diesem Lande ist der soziale Krieg vollständig ausgebrochen; jeder steht für sich selbst und kämpft für sich selbst gegen alle andern, und ob er allen andern, die seine erklärten Feinde sind, Schaden zufügen soll oder nicht, hängt nur von einer selbstsüchtigen Berechnung über das ab, was ihm am vorteilhaftesten ist. Es fällt keinem mehr ein, sich auf friedlichem Wege mit seinen Nebenmenschen zu verständigen; alle Differenzen werden durch Drohungen, Selbsthülfe oder die Gerichte abgemacht. Kurz, jeder sieht im andern einen Feind, den er aus dem Wege zu räumen, oder höchstens ein Mittel, das er zu seinen Zwecken auszubeuten hat.“
F. Engels, Die Lage der Arbeitenden Klasse in England, 1845, MEW 2, S. 357.

In der letzten Sitzung des Akademischen Senats wurden die Folgen der Ökonomisierung der Universität facettenreich thematisiert: Studiengebühren gelten als völkerrechtlich zweifelhaft, die Umstellung auf BA/MA schafft Chaos, die deregulierten Zulassungsverfahren schließen Studierende von den Orientierungseinheiten aus (die nachrückenden KommilitonInnen sollten solidarisch integriert werden), die Uni ist weiterhin eklatant unterfinanziert... .
Anstelle einer problemkritischen Vertiefung der Lageanalyse aber hatte im dirketen Anschluß an diese Problematisierung die neue Kanzlerin Gnadenlos, Frau Vernau, ihren Auftritt. "Leistungsorientierte Mittelvergabe" sei nun überall einzuführen.
Menschen, Aufgaben und Zusammenhänge sollen nun bloße Zahl werden. ,,Leistungsorientierung“ berechtige zur Segmentierung und Normierung von Erkenntnishandeln und Menschen für ein umfassendes System der ,,Belohnung und Bestrafung“. Man unterscheide ,,Barfußprofessuren“, also ,,Lehrstühle“ mit einer gerademal überlebensfähigen Ausstattung von Professuren, die sich im ,,Wettbewerb“ behaupten und deshalb auf höhere Zuwendungen rechnen könnten. Die Fakultäten sollen zunächst 10 Prozent aller Mittel einbehalten, um sie nach den sogenannten Leistungskriterien (Drittmitteleinwerbung, Absolventenzahlen, Zitationshäufigkeit...) neu zu verteilen. Daß dies die kleinen (und sehr knapp finanzierten) Fächer fast schlagartig auslöschen würde, sei entweder ein ,,Rechenfehler“ oder ein notwendiger Kollateralschaden. Nach fünfjähriger ,,Schonzeit“ hätten sich alle einer jährlichen Bewertung zu unterwerfen.
Für diese neoliberale Litanei haben Handelskammer und CDU-Senat den strengen Takt vorgegeben.
Angesichts dieser kultur-, geschichts- und menschenfernen Rohheit waren die Mitglieder des Akademischen Senats weitgehend paralysiert. Diskutiert wurde deshalb nach der verdrehten Devise: Der soziale Krieg soll selbstverständlich sein, aber wir wollen keine Toten, die Panzer kosten auch zu viel, die Zerstörung der Kulturschätze wäre ein Übel, der Wiederaufbau gelänge besser ohne Militär und überhaupt bedürfte es fairer Regeln. Daß heißt, die Folgen der ,,Leistungsorientierung“ werden im einzelnen kritisch bewertet, ohne das Prinzip der puren Konkurrenz unter Mangelbedingungen grundsätzlich in Frage zu stellen.
Also, liebe Kostenfaktorinnen und Kostenfaktoren - Was soll die unendliche Konkurrenz?
Kooperation ist weder eine Schande noch eine Schwäche.
Erkenntnis, Humanität, Mündigkeit, Kollegialität und problemlösungsorientierte Wissenschaften für zivilisatorischen Fortschritt sind keine Handelswaren.
Wer Halt! sagt, schafft Voraussetzungen für positive Tatsachen. Mitstreiter werden sich mehr und mehr finden.
Das Wissen um ihre Zahl hat orientierende Wirkung.

V.i.S.d.P.: Olaf Walther & Golnar Sepehrnia, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg
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Veröffentlicht am Mittwoch, den 31. Oktober 2007, http://www.harte--zeiten.de/artikel_649.html