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vom 28.10.2004 (mit 14:0:1 Stimmen beschlossen)

Stellungnahme der Universität Hamburg zum Entwurf ,,Eckpunkte für eine Novellierung des Gesetzes über das Studentenwerk Hamburg“

I. Präambel

Die Universität betont ihre Verantwortung für das Studium als Ganzes und ihr Eintreten für gute soziale und kulturelle Bedingungen ihrer Mitglieder. In Leitbild und Grundordnung sind als Maßstäbe dafür u.a. soziale Offenheit, die Bildung mündiger Bürger und ihr Beitrag zur Entwicklung einer humanen, demokratischen und gerechten Gesellschaft als Aufgabe und Verpflichtung ihrer Mitglieder verankert. Diese Verantwortung umfasst die Beratung und Auswahl der Studierenden beim Übergang von der Schule zur Hochschule ebenso wie alle Prozesse, die mit dem Lernen und Lehren verbunden sind, sowie den Übergang in das Berufsleben gestalten. Auch die Felder, die für die Lebensgestaltung der Studierenden von Bedeutung sind und derzeit vom Studentenwerk betreut werden, fallen in diesem Sinne in den Verantwortungsbereich.

Um dieser Verantwortung nachkommen zu können, hat sich innerhalb der Universität und in Kooperation mit externen Einrichtungen, wie Arbeitsamt, Studentenwerk etc., ein dichtes institutionelles Netz herausgebildet. Dieses System geht von der Grundlage aus, dass die Aufgaben von derjenigen Institution wahrgenommen werden, die auf dem jeweiligen Gebiet die höchste Kompetenz aufweist. Diese partnerschaftliche Aufgabenteilung hat sich über viele Jahre hinweg sehr gut bewährt. Es wird deshalb keine Notwendigkeit zu einer grundlegenden Änderung der herausgebildeten Struktur gesehen. Dem Studentenwerk obliegt dabei die Aufgabe, daß die Studierenden unabhängig von ihren Einkommensverhältnissen gute Studienbedingungen in den Bereichen Wohnen, Essen, BAFöG und Kulturelles vorfinden. Unter dieser Prämisse teilt die Universität die Auffassung, dass im Rahmen einer kritischen Überprüfung der Aufgabenerledigung auch Bereiche identifiziert werden können, die einer vertieften Kooperation und klaren Absprache bedürfen. Dafür sind die Gremien des Studentenwerks und der Hochschulen, in denen alle Gruppen vertreten sind, der geeignete Ort.

Universität und Studentenwerk sind in ihrer gemeinsamen Verantwortung für den Gesamtprozeß Studium mit ausreichenden Ressourcen durch den Staat auszustatten. Eine Übertragung der Verantwortung des Staates an Hochschulen und Studentenwerk unter gleichzeitiger Kürzung finanzieller Zuwendungen, wie in den Eckpunkten vorgesehen, wird abgelehnt.

Die Ergebnisse der 17. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, die ein drastisches Bild der schlechten sozialen Lage der Studierenden zeichnet, unterstreichen die Notwendigkeit zu einer erweiterten staatlichen Finanzierung.
II. Stellungnahme zu einzelnen Eckpunkten
1. Rechtsstellung, Trägerschaft

Die Universität hält es für richtig, das Studentenwerk als rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts unter der Rechtsaufsicht der BWG zu belassen. Sie sieht auch in Zukunft keine Notwendigkeit für einen Wechsel von der staatlichen Trägerschaft in die Trägerschaft der Hochschulen und lehnt deshalb die für die Phase 2 geplante Überführung ab. Schon allein die Vielfalt der hamburgischen Hochschullandschaft erschwert die Zuordnung des Studentenwerks zu einzelnen Hochschulen bzw. die Einrichtung als ,,hochschulübergreifende“ gemeinsame Einrichtung aller Hochschulen.

Die Universität sieht auch keinen überzeugenden Grund, von der bisher ausgeübten Praxis des Kontrahierungszwanges mit Ausnahmen abzuweichen. Die Komplexität der Mensabetriebe und der Wohnheimbewirtschaftung sowie die Notwendigkeit von Mischkalkulationen erfordern einen Kontrahierungszwang. Anderenfalls bestünde die große Gefahr, dass viele Standorte aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen aufgegeben werden müssten. Erhebliche soziale Härten und starker Attraktivitätsverlust von vielen Standorten wären die Folge, unter denen auch das Profil der Universität zu leiden hätte.

2. Betreuungsbereich/Aufgaben

Die Universität unterstützt die in diesem Eckpunkt dargestellte Intention der Ausweitung der Beratungs- und Serviceleistungen auf Grund ihrer Bedeutung für den Studienerfolg. Sie begrüßt die vorgenommene positive Bewertung der bisherigen Aufgabenwahrnehmung auf der Grundlage einer bewährten Arbeitsteilung zwischen Universität und Studentenwerk.

Die Universität hält die soziale, gesundheitliche und kulturelle Förderung der Studierenden zum Ausgleich sozialer Unterschiede für notwendig. Die Beschränkung auf eine reine Bereitstellung unsubventionierter Serviceleistungen würde dem sozialen Auftrag des Studentenwerks nicht gerecht.

Die soziale Lage der Studierenden steht in unmittelbarem Zusammenhang mit einem erfolgreichen Studium. Die Erweiterung der Service- und Beratungsaufgaben unter der Voraussetzung entsprechender Kürzungen im Mensabereich gefährdet in unverantwortlicher Weise die erfolgreiche Entwicklung von Studentenwerk und Hochschule sowie ein gutes Studium.

Die Aufgaben- und Arbeitsteilung zwischen Hochschulen und Studentenwerk sollen wie bisher in Kooperation geklärt werden.

3. Zusammenarbeit Studentenwerk - Hochschulen

Eine Vertiefung der Zusammenarbeit mit dem Studentenwerk wird auch von der Universität angestrebt. Hierzu bedarf es aber weder der Übertragung der staatlichen Steuerung auf die Hochschulen noch des Abschlusses von Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Die bisherigen Organe des Studentenwerks bieten ausreichend Möglichkeit, die - häufig divergenten - Interessen der Hamburger Hochschulen gegenüber dem Leistungsangebot des Studentenwerks auszugleichen und zu realisieren.

Soziale Leistungen sollen ein allgemein nützliches Studium und persönliche Entfaltung ermöglichen. Der Studienerfolg darf nicht umgekehrt zur Voraussetzung für den Erhalt sozialer Leistungen gemacht werden, sonst verdrängen existentielle Sorgen die wissenschaftlichen Motive des Studiums. Die Universität lehnt deshalb den Vorschlag des CHE Gutachtens 56 und der Eckpunkte ab, dass die Hochschulen zukünftig über das Angebot sozialer Leistungen des Studentenwerks um ihre Studierenden konkurrieren sollen. Die Lebensbedingungen aller Studierenden müssen über das Studentenwerk staatlich gefördert werden.

4. Organe des Studentenwerks

Als positives Erbe der Selbsthilfe und als Ausdruck des demokratischen und sozialen Anspruchs ermöglicht die mitgliedschaftliche Organisationsstruktur des Studentenwerks Mitarbeitern, Studierenden und Hochschulverwaltungen in demokratischen Gremien von der Wohnheimsselbstverwaltung bis zum Studentenwerksvorstand die weitgehend eigenverantwortliche Entwicklung des Studentenwerks. Die Eckpunkte würden die Mitglieder (Studierende, Mitarbeiter und Hochschulen) des Studentenwerks durch Hierarchisierung der Entscheidungsfindung und eine Beschneidung ihrer Rechte von der demokratischen Beteiligung an der Entwicklung des Studentenwerks ausschließen.

Alle Mitgliedergruppen des Studentenwerks sollten weiterhin über den Verwaltungsrat das Haushaltsrecht wahrnehmen können und dort wie bisher vertreten sein.

5. Wirtschaftsführung

Bei Aufrechterhaltung des staatlichen Finanzierungsniveaus hält die Universität die Gründung von Unternehmen durch das Studentenwerk zur Wahrnehmung seiner Aufgaben nicht für erforderlich. Die angekündigte Reduzierung des staatlichen Finanzzuschusses führt zu einer deutlichen Senkung der sozialen Standards.

Kündigungen, Reduzierung der tariflichen Entlohnung um ein Drittel, Wegfall der Sonderleistungen und längere, unregelmäßige Arbeitszeiten stehen vielen Mitarbeitern des Studentenwerks bevor. Die Universität ist sich ihrer solidarischen Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern des Studentenwerks bewußt und lehnt Entlassungen und soziale Verschlechterungen ausdrücklich ab.

6. Finanzierung

Die Universität hält für die Erhöhung der Bildungsbeteiligung die bedarfsgerechte Erhöhung der direkten staatlichen Finanzierung der Hochschulen und des Studentenwerks für erforderlich, damit sie in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben auch weiterhin zu erfüllen. Eine Finanzierung des Studentenwerks indirekt über die Hochschulen, die Studierenden (z.B. über Studiengebühren oder Preissteigerungen) oder die Mitglieder (z.B. über Lohnsenkungen) lehnt die Universität ab.

Veröffentlicht am Donnerstag, den 28. Oktober 2004, http://www.harte--zeiten.de/dokument_463.html