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Gleichheit

oder: Du bist Kunde.

"Hat Ackermann die Interessen der Aktionäre der Deutschen Bank verletzt?[...] Betrachten wir nur, was bei Mannesmann passiert ist. Da hat Ackermann - als Vertreter der Anteilseigner - einem Geschäft zugestimmt, das den Aktionären von Mannesmann Milliarden an Kapitalgewinnen eingetragen hat. Das hat auch der Deutschen Bank einen Geldregen beschert, hat sie doch in verschiedensten Formen Anteile an Mannesmann besessen oder verwaltet. Wo liegt das Problem?"
Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburger Welt Wirtschaftsinstituts, HA, 23.12.2005.

"Studienbeiträge können nur im Konsens mit den Studierenden eingeführt werden."
Bertelsmann-Centrum für Hochschulentwicklung (CHE), Bommerholzer Thesen, 2002.

Was soll alles im Konsens ‚geschehen'? Riesenprofite und Massenentlassungen, Sparhaushalte und Bildungsgebühren, Entdemokratisierung und Kundenorientierung? Konsens? Kein Problem für den "Wissenschaftler" Thomas Straubhaar. Der lobt die Tätigkeit des Chefs der Deutschen Bank, des "Managers des Jahres 2004", Josef Ackermann. Dieser habe den Shareholder-Value "einmal nicht" zum äußersten Ende getrieben, sondern nur einen Bruchteil des Kapitalgewinns (0,0038 Prozent - 57 Millionen Euro) an die Vermittler des Mannesmann-Geschäfts verschenkt. Sozusagen null Problemo. Fürs Jahr 2005 könnte mit Ackermann eigentlich wieder alles paletti sein: die Eigenkapitalrendite ist in Rekordhöhe von 25 Prozent, 6500 Mitarbeiter werden entlassen. Das ist Banken-Politik.
Diese Banken nun sollen das geplant-gebührenpflichtige Studium "sozialverträglich" mitgestalten, mit "Studienkrediten". (Die CDU denkt dabei auch über die Streichung des schon unzureichenden BAföGs nach.) Wer "kreditwürdig" erscheint, also verspricht, sich nach dem Studium geschäftlich verwerten zu lassen, darf hochverschuldet auch durch einen Batzen Zinsen den Gewinn der Bank mehren. Kleinvieh macht auch Mist. Sozialverträglich?
Oder nicht eher die Erweiterung der Abhängigkeit der gesellschaftlichen Mehrheit von den sogenannten Arbeitgebern und Banken?
Hier wird ein Grundproblem der heutigen Gesellschaft deutlich: Durch großes Eigentum verfügt ein Bruchteil der Bevölkerung, hart konkurrierend, über die gesellschaftliche Arbeit und Entwicklung. Die Mehrheit muß sehen, wie sie darin klarkommt, eine milliarden-große Bevölkerung, die zunächst keine gemeinsame, bewußte Kontrolle ihrer persönlichen und geschichtlichen Entwicklung realisiert. Dieser prinzipiell menschenunwürdige Mangel an Verfügung ist enorm unbefriedigend. Der verstimmende Zustand soll durch miefige Verheißungen wie "Du bist Deutschland" oder innovative Versprechen wie "Du bist Kunde" kompensiert werden: Wer kaufen kann, sei etwas wert - Nachfrage bestimme die Qualität und Verteilung der Produkte - Wer sich verkaufen kann, sei etwas wert. "Der Mensch als Kunde" soll konsensstiftend verschleiern, daß der Mensch stetig unternehmerisch zur Ware herabgesetzt wird. Die vermeintliche Konsumentensouveränität des isolierten Käufers ersetze also die Entfaltung der Souveränität des demokratischen Gesamts mündiger Bürger: Der Kommerz richtet sich damit verschärft gegen eine 2500-jährige Geschichte angestrebter menschlicher Emanzipation.

Die verschärfte Vermarktung von menschlicher Tätigkeit und der eigenen Person haben im gemeinsamen Wirken für die solidarische Überwindung der sozialen Ungleichheit eine sinnbringende Alternative. Dafür nützt die Beteiligung an den Wahlen zur studentischen Interessenvertretung und Akademischen Selbstverwaltung, an dem Boykott der Studiengebühren und weiter die wache Anteilnahme an den Mitmenschen für gemeinsamen Fortschritt.
Übrigens: Nach § 14 des Grundgesetzes verpflichtet Eigentum, dem Wohle der Allgemeinheit zu dienen. Und: Während ein Hartz IV-Empfänger erst einmal sein Erspartes aufbrauchen darf, bis er minimale staatliche Unterstützung erhält, hält unter anderen die Deutsche Bank die Vermögenssteuer schon für Zwangsenteignung.
"Wo ist das Problem?"

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Montag, den 9. Januar 2006, http://www.harte--zeiten.de/artikel_324.html