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Mehr Rationalität wagen!

Argumente gegen die Schuldenbremse

,,Auf der politischen Ebene wird wieder dem Mythos von den selbstheilenden Marktkräften vertraut. Etliche Mitgliedsländer der Europäischen Union setzen auf Lohnsenkungen zur Erhöhung ihrer Wettbewerbsfähigkeit. [...] Zum anderen übt Deutschland innerhalb der EU erheblich Druck zur Stärkung der Marktkräfte, zur Durchsetzung der Schuldenbremse und zur Verschärfung des Lohnwettbewerbs zwischen den einzelnen Mitgliedsländern aus. [...] Auffallend ist, dass den staatlichen Akteuren eine Beschneidung des eigenen fiskalpolitischen Handlungsspielraums leichter fällt als etwa die durchgreifende Regulierung des Bankensektors. [...] Die Schuldenbremsen sind Ausdruck eines Verzichts auf die Anerkennung der gestaltenden Rolle des demokratischen Staates in der Gesamtwirtschaft. [...] Schon jetzt führt das rigorose Kürzungsdiktat die Krisenländer in die Rezession und zu sozialen Katastrophen.“

Aus: Arbeitsgruppe Alternative Wirtschafspolitik: ,,Memorandum 2013“ (Kurzfassung), April 2013; html

Die Einführung der Schuldenbremse auf Bundes- und Länderebene sowie – durch den sogenannten ,,Fiskalpakt“ in fast allen EU-Ländern – ist im engsten politischen Wortsinn eine Reaktion. Mit der durch die Banken 2007 angestoßenen Weltwirtschaftskrise steht die sogenannte freie Marktwirtschaft unter hohem Legitimationsdruck. Selbst das konservative Meinungsforschungsinstitut Allensbach geht davon aus, daß 43 % ,,der Deutschen“ teilen, die Marktwirtschaft führe automatisch zu sozialer Ungerechtigkeit, und 48 % den Kapitalismus für ,,veraltet“ halten.

In dieser Legitimationskrise der gegenwärtigen gesellschaftlichen Ordnung, die Bertolt Brecht bereits als ,,große Unordnung“ bezeichnete, dient die Schuldenbremse zu nichts als zum Ruinieren öffentlicher Haushalte, der Zerstörung sozialer Errungenschaften und dem Füttern der Banken – und damit der sozialen Demütigung und Einschüchterung der Bevölkerung, die anderes, besseres vom Leben erwartet.

Ökonomisch gilt ganz schlicht: Wenn niemand – weder die Bevölkerung (für Konsum) noch der Staat (für öffentliche Ausgaben) noch die Unternehmen (für Steuern und Investitionen) Geld ausgibt – kann auch keiner welches einnehmen. Deshalb führt die ,,Spar“-Politik und das Lohndumping immer tiefer in die Rezession. Die Folgen – von Erwerbslosigkeit bis Burn-Out – sind unübersehbar. Deshalb ist die ,,Schuldenbremse“ gescheitert.

,,Jetzt aber hat die Austeritätspolitik ihr intellektuelles Feigenblatt verloren und steht offen da als der Inbegriff von Vorurteilen, Opportunismus und Klasseninteressen, der sie schon immer war. Und vielleicht, ganz vielleicht bietet diese plötzliche Entlarvung eine Chance, allmählich gegen unsere wirtschaftliche Depression anzugehen“, schrieb der Ökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman am 28. April 2013 in der New York Times (html). Die Opposition auf den Straßen und Plätzen Europas wird größer und muß größer werden: Bildung, Arbeit, Kultur, Gesundheit und Mobilität für Alle, in zivilen Verhältnissen und mit ökologischer Voraussicht erfordern Klugheit und Teilnahme der Allermeisten – bei der Arbeit, in Schulen oder Hochschulen und in der weiteren Öffentlichkeit. Die Entwicklung und politische Artikulation von Einsichten und Forderungen mit sozialem Inhalt sind gut für ein besseres Leben in Gegenwart und Zukunft – in Hamburg wie überall.

Das Zutrauen wächst mit dem gemeinsamen Engagement.(

V.i.S.d.P.: Golnar Sepehrnia, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Mittwoch, den 1. Mai 2013, http://www.harte--zeiten.de/artikel_1199.html