Umgedrehte Demokraten -
Zum ,,Verfassungsschutzbericht“ 2007

,,Solche Bücher läßt du drucken!
Teurer Freund, du bist verloren!
Willst du Geld und Ehre haben,
Mußt du dich gehörig ducken.“

Heinrich Heine, ,,Warnung“.

Auch der Krieg nach Innen beginnt mit einer Lüge: Wer die ,,bestehende Gesellschaftsform der BRD“ (vulgo: den Kapitalismus) überwinden wolle, sei ein Verfassungsfeind. Das ist unwahr. Das Grundgesetz legt keineswegs das große Privateigentum an Produktionsmitteln, die Ausbeutung der Erwerbsabhängigen, die ,,freie“ Marktwirtschaft und die rücksichtslose Gewinnsteigerung als gesellschaftliches Gestaltungsprinzip fest. Stattdessen sollen in einem demokratischen und sozialen Rechtsstaat die Würde, Freiheit und Gleichheit aller verwirklicht werden. Demnach wären die Verfassungsfeinde eher dort zu suchen, wo 3.000 Beschäftigte von Nokia kalt vor die Tür gesetzt werden, Hartz IV als Sicherung einer würdevollen Existenz propagiert und die politische Meinungsbildung durch mediale Monopole manipuliert wird. Auch ist das führen von Angriffskriegen der BRD und der militärische Einsatz der Bundeswehr im Inneren untersagt. Die Gegner des Grundgesetzes finden sich also in Ministerien, die den ,,War on Terror“ in Afghanistan tatkräftig unterstützen und G8-Kritiker bei Rostock im vergangenen Sommer mit Tornado-Überflügen einzuschüchtern trachteten. Die Partei ,,Die LINKE“, die weiterhin überwacht werden soll, hat sich als einzige größere Partei konsequent gegen all dieses gewandt.

Folge dieser Verdrehung ist auch das zahn- und willenlose Lamento gegen einen ,,leichten Anstieg“ rechtsextremer Organisiertheit. Schäuble will nicht erneut einen Verbotsantrag gegen die NPD unterstützen, weil sonst die behördlich geförderten Mitglieder (V-Leute) dieser verbrecherischen Organisation zurückgezogen werden müßten. Auch gäbe es keinen signifikanten Anstieg rechter Gewalttaten. Das nimmt nicht Wunder, denn derweil Neofaschisten besonders in den östlichen Bundesländern kleine und mittlere Städte terrorisieren und gegen Obdachlose, Zuwanderer und Linke ihre ,,nationale Befreiung“ herbeiprügeln, haben deutsche Gerichte immer noch Probleme, die ,,politische Motivation“ dieser Schlägerbanden ausfindig zu machen.

Und dann ist da die größte Gefahr: der ,,islamistische Terror“. Hier wittert der Bundesinnenauskehrer eine Legitimation für die Einschränkung des Grundrechtes informationeller Selbstbestimmung, für die Aufhebung der Trennung von Polizei und Geheimdiensten und für die Steigerung polizeilicher Willkür gegen ,,Verdächtige“. Nebenbei wird die Fremdenfeindlichkeit als Ablenkung von den realen sozialen Problemen geschürt.

Die Nutznießer des Systems der sozialen Ausplünderung und Degradierung von Millionen Menschen im In- und Ausland - die zuweilen zu Verzweiflungstaten führt und den Nährboden für rassistische, nationalistische und religiöse Intoleranz bereitet - können sich auf die Treue dieser Wächter der Demokratie verlassen. Oder hat schon jemand gehört, daß in der Bundesrepublik ein Geschäft nicht gemacht werden durfte, weil es moralisch zweifelhaft und sozial ein ,,Verbrechen an der Menschlichkeit“ gewesen ist?

Kein Wunder, daß ein solcher Dienst ,,geheim“ ist. Der Mehrheit nützt er nicht. Man sollte auf ihn verzichten.