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Positionierung der harten zeiten zur Diskussion um ein SPD-Wahlprogramm:

Stadtrepublik Hamburg: Für Reformen? Kämpfen!

Programmatisches zur Bürgerschaftswahl

Zur Lage

„Denn die einen sind im Dunkeln und die anderen sind im Licht,
und man siehet die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht.“

Bertolt Brecht, Dreigroschenoper, 1928.

Die CDU hat neun Jahre lang mit wechselnden Koalitionspartnern am langen Arm der Handelskammer bevölkerungsfeindliche Politik getrieben. Die Befürwortung der Konkurrenz der „Wachsenden Städte“ hat Hamburg ernsthaft geschadet.
Opposition aus Gewerkschaften, sozialen und Friedensbewegung, von Schülern und Studierenden, Öko- und Grundrechtsaktivistinnen und -aktivisten hat es die ganze Zeit gegeben.
Jetzt hat Schwarz-Grün mit der letzten Attacke auf Kultur, Soziales und Bildung überzogen. Die Koalition ist unter dem Druck breit politisierender Proteste gescheitert. Die brachten auf den Punkt: Menschwürdige Lebensverhältnisse sind eine demokratisch-zivilisatorische Gemeinschaftsaufgabe; sie müssen in Gegnerschaft zu notorischer Profitfreundlichkeit der Regierenden, zur Verdinglichung der Bevölkerung zur ökonomischen „Ressource“, zu deren polizeilicher Absicherung und eventmäßigen Verschleierung durchgesetzt werden.
Kühle Regierungstechnik hat abgewirtschaftet. Es kommt Bewegung in die Stadt.
Auf dieser Basis und in Einheit mit ihr können wir Vieles zum Guten wenden.

Die Herausforderungen

„Zwanzig Jahre lang habe ich geglaubt, es sei Spaß. Es ist Ernst? Könnt ihr haben.“
Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1930.

Spekulation (immer irrational) hat auch in Hamburg Schneisen geschlagen, die wieder zu schließen sind. Vollständige Aufklärung des HSH-Desasters, Re-Regulierung, demokratische Aufsicht und das unbedingte Primat des Sozialen müssen durchgesetzt werden. Contra ist Pro!
Hamburg ist - seit Jahrhunderten - eine der reichsten Städte des Kontinents. Zuletzt wurde die soziale Polarisierung zwischen denen, die den Reichtum erarbeiten und jenen, die über ihn Verfügen, brachial zugespitzt. Eine Stadt ohne Armut ist jetzt im Wortsinn: not-wendig.
„Würde“ (Art. 1 GG) braucht: Wohnen, Gesundheit, Strom und Wärme, Mobilität, Arbeit und Partizipation in Politik, Bildung und Kultur. Damit sind die wesentlichen Gemeinschaftsaufgaben bestimmt, die erheblich verstärkt öffentlich wahrgenommen werden müssen.
In öffentlichen Einrichtungen wird Menschliches potenziert. Das gilt für Schulen, Hochschulen, Bibliotheken, Theater, Museen, Sportstätten, Geschichtswerkstätten, Jugendzentren ... Sofern solche Einrichtungen noch bestehen, ächzen sie unter der Last des „Sparens“, der Verbetriebswirtschaftlichung und des Kommerz. Heilung ist geboten.

„Die Freie und Hansestadt Hamburg hat als Welthafenstadt eine ihr durch Geschichte und Lage zugewiesene, besondere Aufgabe gegenüber dem deutschen Volke zu erfüllen. Sie will im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein.“
(Aus: Präambel der Hamburgischen Landesverfassung)
Hamburg ist keine Fregatte, Peter Tamm ist kein Kultur-Mäzen und Subventionen können ebenso ausschließlich zivilen Zwecken dienen wie die menschliche Arbeit.

Konkretum

„Freilich, die geistigen Interessen müssen immer mit den materiellen Interessen eine Allianz schließen, um zu siegen.“
Heinrich Heine, „Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“, Erstes Buch, 1834.

Bildung

— Gebührenfreiheit auf allen Ebenen, begonnen mit der sofortigen Rückführung der Kita-Gebühr und der Abschaffung der Studiengebühren, schafft Perspektive für alle.
— Gemeinsam länger zu lernen ist noch immer kein Schaden. Jede Struktur und jeder Inhalt, der dies zur Geltung bringt, wird gefördert. Das Ziel: Eine Schule für Alle.
— Bildungseinrichtungen brauchen bedarfsgerechte, öffentliche Finanzierung und die Rück-nahme der betriebswirtschaftlichen Zurichtung.
— Bildung sei in Form, Inhalt und Gestaltung kritische und solidarische Aneignung der Welt für ein demokratisches Gemeinwesen.

Frieden, Arbeit & Soziales

— Hamburg beteilige sich nicht an der Polizeiausbildung in Afghanistan.
— Hamburgs internationale Wirtschaftspolitik bekämpfe das „Nord-Süd-Gefälle.“
— Industriepolitik diene gleichermaßen der Schaffung von Arbeit und Frieden.
— Hartz IV und Ein-Euro-Jobs sind für würdiges Leben und Arbeiten zu überschreiten.
— Der öffentliche Dienst kann Arbeit schaffen, den Lebensstandard heben, den Alltag kultivieren und Demokratie stärken. Er ist auszubauen. Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich muß drin sein.
— Sozialer Wohnraum (für das unterste Einkommensdrittel) ist massiv zu fördern. SAGA/GWG muß vom Profit-Zwang befreit werden. Leerstand muß in Wohnraum umgewandelt werden.
— Die Mietpreise müssen sozialverträglich gebunden werden. Das genossenschaftliche Wohnen werde gefördert; ebenso der Erhalt historischer Baussubstanz und Quartiersstrukturen.
— Öffentliches Eigentum und öffentliche Aufgaben müssen (re)kommunalisiert werden. (Besonders: Krankenhäuser, Energie, Pflege der städtischen Infrastruktur)
— In Hamburg sind Steuern von besonders Reichen und Unternehmen vollständig einzutreiben.
— Für eine erhebliche Besteuerung von Vermögen, Gewinnen und Unternehmen wird gekämpft.

Kultur

Kultur ist kein Klimbim.
Kultur ist kein Markenzeichen.
Kultur ist Welterkennen, Gestalten und Menschenbildung.
Wer sollte davon auszuschließen sein?
Die griechische Antike brachte Theater hervor, die alle Bürger der Stadt fassen sollten und konnten.
Was hat und was will Hamburg?

Gleichheit

Die Wertung von Menschen nach Herkunft, „Rasse“, Religion, vermeintlicher Leistungsfähigkeit und die Verunglimpfung von Weltanschauungen stehen voller rechtlicher Gleichheit in Kultur, Politik und (staatlicher) Praxis der Verwirklichung grundlegender Menschenrechte weiter entgegen, deshalb:
— Engagement für das NPD-Verbot
— Unterbindung öffentlicher Aktivitäten der äußersten Rechten, Aufklärung gegen Rechts
— Stop der Abschiebungen.
— Barrierefreiheit als soziale Entwicklungsaufgabe in allen Lebensbereichen.
— Mehr politische Partizipation für alle Einwohner der Stadt (unabhängig vom Paß).

Ökologie

— Ausstieg aus der Atom- und Kohleenergie
— Öffentliche Einrichtungen von Atomstrom abkoppeln.
— Schrittweise Rekommunalisiserung der Energieversorgung.
— Förderung regenerativer Energieerzeugung
— Tarifreduzierung und Verbesserung des ÖPNV.

Kämpfen!

„Die leitenden Staatsmänner und Generale übernehmen ›die Verantwortung‹ für das Schicksal, das sie den Völkern auferlegen. [...] Und in der Tat haben jederzeit die Verantwortlichen auch nur dann die Konsequenz aus ihrer Übernahme der Verantwortung ziehen müssen, wenn das Volk Geschichte gespielt hat.“
Alfred Polgar, „Verantwortung“, 1919.

Die Gegner sozialer Politik sitzen in Hamburg strukturell in der Handelskammer. Sie sind beim Namen zu nennen.
Sachzwänge seinen ab jetzt ein Tabu.
Die Rechtfertigung von Unrecht macht es nicht geringer.
Hindernisse können durch Kooperation, Kritik und kämpferische Solidarität überwunden werden.
Die SPD will „Hamburg-Partei“ sein.
Sie kann dies nur als Mitglieder- und Programmpartei, die in die sozialen Grundkonflikte der Gesellschaft von Unten mit eingreift. Dafür ist streitbare und entwicklungsoffene Diskussion im Zusammenwirken von außerparlamentarischer, parteilicher und parlamentarischer Arbeit unter dauerhafter kritischer Reflektion des Regierungshandelns eine unverzichtbare Bedingung.
Bildungsarbeit, inhaltliche Vertiefung und demokratische Meinungsbildung von der Basis aus ermuntern zur Beteiligung.
Die Mitglieder der SPD sind Teil der Bevölkerung, nicht Teil der Regierung.
Dieses Verständnis ist zugleich Grundlage für ein lebendiges Parteileben.
Alles besser machen heißt: alles ändern.

Veröffentlicht am Montag, den 13. Dezember 2010, http://www.harte--zeiten.de/dokument_1008.html